Tuesday, 24. March 2015

Autor: Susanne Rowley

Wo qualifizierte Kinderbetreuung bestraft wird, erweist sich eine Region als echter Hingucker

Wir müssen noch mal reisen in den sonst so schönen Westerwald.

Und wieder erreicht mich Post aus dieser Region. Post, die mich aufgrund ihres negativen Inhalts überlegen lässt, ob ich die Auszeichnung „KdG“ – Kommune des Grauens – nicht neu auflegen müsste, denn so langsam entpuppt sich diese Region als

echter Kindertagespflege-Hingucker.

Worum geht’s denn dieses Mal:

Eine Tagesmutter aus diesem Kreis hat sich gegenüber dem zuständigen Jugendamt bereit erklärt, neben normaler Tagespflege auch Randzeitenbetreuung zu übernehmen.

Trotzdem sie 2 eigene Kinder zu versorgen hat, die ebenfalls in Einrichtungen untergebracht sind, vollbringt sie also für das Jugendamt eine logistische Höchstleistung, um allen Kindern mit morgendlichem Bringen und späterem Abholen gerecht zu werden.

Die Bring- und Abholzeiten des Tageskindes hat sie sinnvollerweise mit denen ihrer eigenen Kinder kombiniert. Nur so kann sie in Verbindung mit anderen Kindern, die ihr über den Tag verteilt zusätzlich gebracht werden, noch Bildung & Förderung im Sinne des Gesetzgebers zusichern.

Sie holt also dieses Randzeitenkind früher ab, als die Einrichtung schließt. Abrechnen möchte sie nun die tatsächlich geleisteten Betreuungsstunden. Doch diese zusätzlichen Stunden möchte das Jugendamt des zuständigen Kreises zukünftig nicht mehr übernehmen, sondern nur noch jene bezahlen, die sich nach offizieller Schließung der Einrichtung ergäben.

Ihr formulierter Widerspruch gegen diese Entscheidung samt Auflistung der vollkommen nachvollziehbaren logistischen Probleme und den daraus resultierenden Qualitätseinbußen im Betreuungsalltag tangieren das zuständige Jugendamt wenig, und sie erhält folgende Antwort:

Zitat:

>>  Die Angelegenheit wurde hier im Team mit der für die Pflegeerlaubnis zuständigen Sachbearbeiterin (..) besprochen. Sie haben aktuell eine Pflegeerlaubnis für die Betreuung von 5 Kindern. Sie müssten daher auch in der Lage sein, dies logistisch zu bewältigen. Sollte dies nicht der Fall sein, wäre zu überlegen, ob die Pflegeerlaubnis auf eine geringere Kinderzahl zu kürzen ist. Übereinstimmend sind wir jedoch der Meinung, dass die von Ihnen geschilderte Problematik kein Grund ist, das Kind (…) regelmäßig später in den Kindergarten zu bringen bzw. früher abzuholen. Der Westerwaldkreis würde andernfalls die Betreuung für Kind (…) doppelt finanzieren, da auch der Kindergartenplatz vom Kreis bezahlt wird.   <<

Peng!

Neben allem Unverständnis, die eine solche Entscheidung bei mir auslöst, bin ich doch mehr als verblüfft, über die offensichtliche  Drohung, die hier gleich mitgeliefert wird.

Neben der völligen Gleichgültigkeit bezüglich des Wohles aller betroffenen Kinder, wird versucht, die negative Entscheidung des Amtes auf eine Art von Unfähigkeit zu stützen, die sich diese Tagesmutter mit ihrer Eingabe quasi selbst attestiert hat?

Auf so eine Idee muss man erst mal kommen!

Hier werden gleich mehrere Probleme, die der Träger zu verantworten hat, auf dem Rücken der Tagesmutter ausgetragen. Es ist der Träger, der nicht in der Lage ist, einen randfreien Betreuungsplatz zu bieten. Es ist der Träger, der aufgrund dessen darauf angewiesen ist, eine qualifzierte Tagesmutter hinzu zu vermitteln, die er dann nicht nach den tatsächlich geleisteten Betreuungsstunden vergüten möchte?

Neben dem Eingriff in einen freiberuflichen Berufsstand und der bodenlosen Undankbarkeit, die uns aus diesem Schreiben entgegenlacht, hat die Tagesmutter – sofern sie darauf eingeht – noch weitere finanzielle Einbußen zu beklagen, die sie ohnehin schon hingenommen hat.Denn eine Randzeitenbetreuung anzunehmen, ist immer ein Schuss ins eigene Knie, denn sie bedeutet neben hohem logistischen Aufwand auch massive Einschränkungen in der freien Gestaltung eines hochwertigen Betreuungsalltages, und bringt in aller Regel genau deswegen mit sich, dass andere Eltern, die einen vollwertigen Betreuungsplatz suchen, per se fernbleiben, denn sie erwarten mehr, als dass ihr Kind im Auto spazieren gefahren wird.

Hier noch die Kürzung der Pflegeerlaubnis anzudrohen und damit weitere Umsatzeinbußen drauf zu satteln, zeugt von einer tiefen Ablehnung des Berufsstandes Kindertagespflege.

Mein lieber Herr Betreuungsverein

Wie das so ist, wenn politisch Verantwortliche & Ausführende glauben, der gesetzliche Auftrag von Bildung & Förderung wäre auch auf dem Rücksitz von Autos zu erbringen, und welche Konsequenzen es hat, einen qualifizierten Berufsstand auszusaugen & zeitgleich noch hervorragende Betreuungsleistungen von ihm zu erwarten, dazu habe ich mich im Oktober letzten Jahres in diesem Blogbeitrag geäußert: 

www.kinderbetreuungsboerse.de/wigwam-blog/wigwam/nachricht/-f54743faff/

herzliche Grüße

gehen von hier aus an die betroffene Tagesmutter, verbunden mit der Hoffnung, sie möge jegliche Randzeitenbetreuung sofort einstellen und den Ball lässig zurück ins Tor des Jugendamtes schieben.

Susanne Rowley

Wigwam 1994
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