Saturday, 1. December 2007

Autor: Susanne Rowley

Reaktionen auf November-Brief "Krippe oder Mama"

"Wer sich über ein Kind freut, freut sich über das Leben." 

 

*Phil Bosmans

Hallo liebe Wigwam-Freunde,

Sie erinnern sich an unser Thema des November-Briefes. Zahlreiche Zuschriften erreichten uns. Den letzten Info-Brief für dieses Jahr möchte ich unkommentiert den ausführlichsten Reaktionen auf unser November-Thema widmen.

Und dann noch eine Anmerkung in eigener Sache:

Ich möchte aus diesen monatlichen Info-Briefen "Themen-Briefe" machen, die immer dann erscheinen, wenn es etwas Aktuelles, z.B. aus Politik etc. zu berichten gibt. Ich möchte auch immer dann einen Themen-Brief verfassen, wenn Eltern und Tagesmütter mit einem bestimmten Themenwunsch direkt an mich herantreten. Diese Themen-Briefe erscheinen dann nicht mehr punktgenau am Monatsanfang - sondern dann, wenn das Thema wirklich ansteht. Ich würde mich sehr freuen, liebe Tagesfamilien und Eltern, wenn Sie mitmachten und mir Ihre speziellen Themen-Wünsche mitteilen, damit wir uns gemeinsam damit befassen können. Selbstverständlich werde ich weiterhin die politische Landschaft in Sachen Kinderbetreuung aktiv verfolgen und Ihnen Neuerungen bezügl. gesetzl. Grundlagen etc. zukommen lassen. 

Unser Thema heute:

Reaktionen auf den November-Brief "Krippe oder Mama"

"Hallo Susanne! Also, ich habe wieder mit großem Interesse und wachsendem Unbehagen den Brief gelesen. Warum? Ganz einfach - weil mir schlecht wird bei dem Gedanken, dass sich immer mehr Personen in Dinge einmischen, von denen sie keine Ahnung haben, sich jedoch trotzdem verpflichtet fühlen, ihren Senf dazuzugeben. Wer hat denn noch ein natürliches Gespür für die Bedürfnisse eines Kindes? Ich habe mich bewusst gegen die Arbeit in Betreuungseinrichtungen entschieden, weil ich es nicht mehr ertragen konnte, wie die Kinder als Vorwand für jede Entscheidung der Eltern bzw. der Erzieher/innen benutzt wurden, egal, worum es ging, solange die Begründung hieß: zum Wohle der Kinder. Merkwürdig nur, dass gerade die Kinder nie gefragt wurden... Von der sogenannten Kompetenz der Jugendämter fange ich gar nicht erst an...Du kennst meine Meinung. Auch jetzt erlebe ich es wieder und wieder: verunsicherte Eltern, die sich nicht trauen, auf ihr Bauchgefühl zu hören; zu viele - verzeih - "Theorie-Idioten", die alles besser wissen und dabei entweder kinderlos sind oder deren Hausangestellte den Kindern Namenszettel um den Hals hängen, damit "Mama" oder "Papa" wissen, mit wem sie es zu tun haben...Überspitzt? Aber auf der Strecke bleiben wieder einmal die Kinder!! Allein schon die Diskussion über den Kindergartenanspruch ab 2 Jahren: da gibt es die Prinzipienreiter, die darauf bestehen: ich habe den Anspruch, also muss mein Kind dorthin, ohne Rücksicht auf den Entwicklungsstand oder die Bedürfnisse. Wir reden hier nicht von einer Kleingruppe mit genügend Betreuern, sondern von Kindergärten mit 4,5 oder 6 Gruppen á 25 Kindern, die sich im günstigsten Fall nur auf dem Außengelände vermischen. Wieviele Erwachsene sind mit einer derartigen Situation überfordert, aber die Kleinen müssen da durch - auf Gedeih und Verderb, weil schlaue Köpfe mit klugen Ideen Eltern suggerieren, diese Art der Betreuung sei das Non-plus-ultra. Ich habe die Erfahrung gemacht,

dass die wenigsten Kinder glücklich damit sind, zum Teil verhaltensauffällig werden, und wer hat Schuld? Die Erzieherinnen, natürlich, die sind ja schließlich den ganzen Tag mit den Kindern zusammen, und sie werden schließlich dafür bezahlt, dass die Kinder lernen, die Toilette zu benutzen, was gesunde Ernährung heißt und gutes Benehmen, die eine oder andere Fremdsprache zu beherrschen, um perfekt vorbereitet in das tadellose deutsche Schulsystem entlassen zu werden...ok, das ist ein anderes Kapitel. Es ärgert mich,

dass heiße Diskussionen darüber entbrennen, die doch zu nichts führen. Zum Wohle der Kinder? Das ich nicht lache...Wo sind denn die immer wieder angepriesenen Hilfeleistungen, wenn Kind sie braucht? Aber so weit muss ich gar nicht ausholen: was ist denn mit Spielmöglichkeiten für die Kleinen? Zu Fuß gibt es in Bad Kreuznach kaum noch Spielplätze zu erreichen, die diese Bezeichnung auch verdienen. Und dann gibt es Anwohner, die sich über den "Lärm" beschweren...ohne Worte... Sind Kindergärten oder -krippen nicht nur noch eine andere Bezeichnung für Kindersammelplätze,

damit man weiß, wo sie sich aufhalten? Wie sonst kann es sein, dass ein Kindergarten wegen Lärmbelästigung umziehen muss und in der neuen Umgebung die Kinder durch einen Lärmschutzwall wie Leprakranke eingesperrt werden? Zum Wohle der Kinder???? Solche Zustände wären in Nachbarstaaten wie Dänemark undenkbar. Deutschland - Deine Kinder ! Ich sehe die Enttäuschung in den Kinderaugen, weil der Ausflug zum Spielplatz ein Desaster wurde, denn die Schaukeln sind über Nacht abgebaut,das Klettergerüst verschwunden und die Sandkiste abgedeckt worden. Ich bin es so leid,

ich bin so müde, ein Kampf gegen Windmühlen...und doch weiß ich, dass ich nicht aufgebe. Es ist so leicht, ein Lachen in ein Kindergesicht zu zaubern, und ich lerne jeden Tag aufs Neue, wie einfach Dankbarkeit ist. "Kinder sind Seelen, die spüren, wofür wir längst schon stumpf sind. Sie zeigen ihre Gefühle und schämen sich nicht...Sie sagen uns, wer wir sind, ob wir´s woll´n oder nicht. Überall ist Wunderland, ,jeder kann es seh´n und noch einmal unter dem Regenbogen steh´n. Überall ist Wunderland,,jeder darf hinein, und man sagt ein Kinderherz kann der Schlüssel sein..." Ich könnte Seite um Seite so weiterschreiben,...aber das wenigstens musste ich einmal los werden. Liebe Grüße Ela - Kinderstübchen Kunterbunt

*

"Liebe Susanne,

Ihren Brief habe ich gelesen. Es sind natürlich viele verschiedene Aspekte die hier zusammenkommen.

Grundsätzlich

bin ich dafür, dass jeder Mensch, auch Kinder, ein Grundeinkommen erhalten und damit unabhängig sind von wirtschaftlichen Zwängen und staatlichen Almosen. Dafür werden dann andere steuerliche Vergünstigungen überflüssig und auch Kindergeld fällt weg. Damit kann jeder Mensch wählen, ob er mit dem Geld zufrieden ist und sonst "nichts mehr tut", oder ob er weiter arbeitet und sich noch Geld dazu verdient. Und auch Eltern wären frei zu entscheiden, wie sie ihr Kind betreuen möchten, ohne jede Wertung. Außerdem würden dann sicher auch mehr Paare wählen Eltern zu werden, da sie eine gewisse finanzielle Absicherung hätten. Aber soweit sind wir ja noch nicht.

Ich fand die alte Lösung mit dem Erziehungsgeld für zwei Jahre, noch besser wären drei Jahre, es müßte nur höher sein, eigentlich die Beste. Ob Mann oder Frau, es sollte dem Staat egal sein, wie sich die Eltern entscheiden diese Zeit aufzuteilen. Was sicher schwierig ist, in Berufen die einer schnellen Entwicklung und Veränderung unterliegen, den Anschluss zu halten. Ich hatte immer das Glück meine Arbeit mit meiner Familie verbinden zu können. Aber auch das fiel mir nicht in den Schoß, sondern habe ich mir kreiert.

Ich glaube, dass sich beide Seiten bewegen müssen,

sowohl die Arbeitgeber als auch die Arbeitnehmer. Und beide Seiten müssen sich trauen nach Möglichkeiten zu suchen, die bisher nicht vorstellbar sind, weil man sich nur im bekannten Rahmen bewegt. Fantasie und Mut ist notwendig. Und anstatt zu jammern und sich abhängig zu machen von seinem Arbeitgeber, sollten Eltern anfangen Angebote zu machen, sich ihren Arbeitsplatz neu entwerfen und Anforderungen zu stellen. Denn auch ein Arbeitgeber hat lieber einen Angestellten, der engagiert ist, mitdenkt und Initiative zeigt. Wenn er ein guter Mitarbeiter ist, wird er auch daran interessiert sein, ihn zu behalten. Es brauch viel mehr Kommunikation und individuelle Lösungen. Nicht alles, was bei dem einen funktioniert, ist auch für den anderen gut. Es ist immer ein Geben und Nehmen. Auch Karriere ist nicht alles. Z.B. ist es bei uns so, dass wir abgewogen haben, wer mit seinem Beruf die "Besseren Karrierechancen" hat. Und das ist bei uns mein Mann, der in der freien Wirtschaft sicher mehr verdienen wird als ich im sozialen Bereich. So war klar, dass ich mehr für Kinder und Haushalt zuständig bin und er für das "Geld verdienen". Wer wirklich Karriere machen möchte wird das auch mit Kinder schaffen, aus meiner Erfahrung ist fast alles möglich, wenn man sich darauf konzentriert was man will und das dann in Angriff nimmt, mit allen Umständen die auftauchen können, und nicht wartet bis die Umstände stimmen. Dann ist man in der Regel alt und grau. Soviel mal dazu. Mir fällt da natürlich noch viel mehr ein. Vielleicht gehe ich doch noch mal in die Politik, das wollte ich auch schon immer. Liebe Grüße M.R. Tagesmutter aus MZ"

* "Liebe Frau Rowley, gerade habe ich Ihren Artikel gelesen. Es ist immer einfach für unsere Politiker, alles in schöne Hüllen zu packen.

Aber Fakt ist,

dass man als Eltern gezwungen ist, am besten 8 Wochen nach der Geburt schon wieder arbeiten zu gehen, da sonst das finanzielle Gerüst der Familie zusammenbricht. Ich finde das erschreckend und zudem nicht verwunderlich, dass viele ihre Entscheidung, ein Kind zu bekommen, vom Finanziellen abhängig machen. Wie ist denn auch der Stellenwert einer Mutter, die zu Hause bleibt? Immer noch haben viele Gedanken ,wie: die sitzt den ganzen Tag zu Hause und ruht sich aus.....Oder die Gesellschaftliche Stellung einer alleinerziehnden Mutter?

Ich spreche aus eigener Erfahrung.

Ich habe 3 Kinder, werde zu oft schief angeschaut. Jetzt bin ich auch noch schwanger und bekomme leider häufig zu hören: bist du verrückt geworden????? Wäre es mein erstes Kind wären die Reaktionen ganz anders. Ich würde mir wünschen, wenn Mütter, egal ob verheiratet oder allein, nicht gezwungen werden würden, unbedingt sofort zu arbeiten, sondern wenn der Staat endlich mal aufwachen würde. Es kann ja nicht sein, dass mehr Kinder "gefordert" werden, aber im Gegenzug nichts für die Eltern getan wird. Ach im Übrigen bleibt einem eh nix anderes übrig als arbeiten zu gehen, spätestens wenn nach 2 Jahren das Erziehungsgeld wegfällt! Also braucht man einen Krippenplatz oder eine Tagesmutter! Das schlechte Gewissen stellt sich bei den abgebenden Eltern von allein ein. Wer würde nicht gerne bei seinem Kind zu Hause sein und seine Entwicklung mitbekommen????

So, das wollt ich mal loswerden. Viele Grüße Michaela Sch.- Tagesmutter" <<

In diesem Sinne wünsche ich allen Eltern, Tagesfamilien und Kinderstübchen eine besinnliche Adventszeit und freue mich weiterhin auf rege Post von Ihnen.

lieber Gruß Ihre Susanne Rowley

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