Saturday, 20. January 2024

Autor: Susanne Rowley

Quo vadis Kindertagespflege?

Verhunzt, verbogen, gefügig gemacht; des Wesenskerns beraubt..

Liebe Wigwam-Freunde,  

In zahlreichen Blog-Beiträgen habe ich die familienpolitische Agenda, die „sogenannte“ Weiterentwicklung der Kindertagespflege beobachtet, dokumentiert und kommentiert. Es würde ein langer Weg zu familienpolitischer Anerkennung dieses Berufsstandes. Das wusste ich früh. 

Ebenso wurde mir auf langer Wegstrecke von nunmehr 3 Jahrzehnten deutlich, dass ein Kampf um Anerkennung mit politisch Verantwortlichen immer dann hart und steinig ist, wenn das Gut, um das gerungen wird, familienpolitisch nicht gewollt ist. 

Aber um was, so frage ich mich in diesen Tagen, kann man noch ringen, wenn die Vertreter eines Berufsstandes selbst, sich ihres Wertes nicht mehr bewusst sind? 

Diese Fragestellung ist um so bitterer, 

je mehr die Kritik an der institutionalisierten Betreuungslandschaft aufzeigt, dass wir in Sachen Vereinbarkeit und Kindeswohl auf dem Holzweg sind.  

Ich zitiere aus nur einem von unzähligen Pressebeiträgen, in dem familienpolitisch Verantwortliche nach natürlich gewachsenen Gemeinschaftswerten rufen, weil sie die Grenzen der Institution anerkennen, bzw. deren Aufgabenlast nun gerne von sich weisen. Und das, obwohl sie genau Selbige mittels der Institutionalisierung zuvor erstickt haben.

Man muss sich die Mühe machen, Artikel wie diesen aufmerksam zu lesen:

Bildungsministerin Hubig fordert ein Umdenken

In diesem Artikel konstatiert eine Familienministerin Hubig u.a. folgendes:

Wir können nicht erwarten, dass Spracherwerb am Schultor beginnt und nach dem Schultor wieder endet (..) da gehören Familien dazu, da gehören Nachbarn dazu, da gehören Sportvereine mit dazu (..) Da wo früher noch viele gesagt haben, Lesen ist mein liebstes Hobby, gibt es heute andere Freizeitmöglichkeiten – mit Filmchen, mit Social Media. Aber das gute alte Buch hilft halt mehr beim Lesen, als sich Filmchen anzugucken.

Ach ja, das gute alte natürliche Gemeinschaftsgefüge „eines Dorfes“ wird beschworen. 

Das habt Ihr doch auf dem Scheiterhaufen von Vereinbarkeit sterben lassen. Alle Kinder sind frühkindlich ganztags „outgesourct“. Die Spielplätze sind verwaist. Die Nachbarin bedürfte einer Pflegeerlaubnis. Welche Familien sind gemeint in einer globalisierten Welt, in der die Kleinfamilie von heute keinen Großeltern-Anschluss mehr hat? Wer hat noch Saft und Kraft nach Ganztages-Kita/Schul-Schluss den Sportverein zu besuchen. Und welches Buch ist eigentlich gemeint, wenn schon Krippen-Kinder den Birnbaum auf dem Laptop sehen, statt auf ihm zu sitzen?

Quo vadis Kindertagespflege?

Um diese Frage realistisch einschätzen zu können, muss nicht nur ein Blick zurück vorangehen, sondern man sollte sich vor Augen halten, was die Merkmale dieses Berufsstandes (noch) sind. Nach wie vor verkörpert er den einzig noch verbliebenen Berufsstand, der einen gemeinschaftlich familiären Wesenskern aufweisen kann. Er führt vereinsamte Kleinfamilien in einer globalisierten Welt zueinander. Er bietet jungen Eltern Halt, Orientierung und gemeinschaftliche Unterstützung in Erziehungs- und Betreuungsfragen. Er lebt Elternpartnerschaft nicht nur auf dem Papier. Er ermöglicht unseren Allerkleinsten eine geschwisterähnliche Situation in kleinen beschaulichen Einheiten. Er bietet ein unerschöpflich weites Feld für Tagesmütter und -väter sich beruflich kreativ und selbständig auszuleben; sich professionell weiterzuentwickeln.   

Das Dorf fällt

In einer Zeit, in der wir noch nie so vernetzt waren wie heute, sind wir und unsere Kinder einsamer als jemals zuvor. 

Wie weit muss eine Gesellschaft gekommen sein, die erwägt, ein Ministerium für / gegen Einsamkeit ersinnen zu  müssen. 

Wie nachhaltig denkt eine Gesellschaft, in der Flächen re-naturiert und frühe Kindheiten betoniert werden. 

Kindertagespflege ist das aller letzte Dorf, das es bräuchte, um Kinder gesund und natürlich aufwachsen zu lassen. Ein Dorf, das jungen Eltern Anschluss und berufliche Erfüllung gleichermaßen ermöglicht, und Fachkräfte innerhalb des Dorfes nicht an den Rand der mentalen und physischen Verzweiflung treibt.

Warum blicke ich heute zurück?

Der Bundesverband Kindertagespflege feiert seinen 50. 

50 Jahre Tagesmutter und Tagesvater. Haben sie wirklich etwas für den Berufsstand getan? 

Ich sage: Nein. 

Der Verband hat weder bewahrt noch gestärkt. Vielmehr hat er zugesehen und dazu beigetragen, dass ein wundervoller Berufsstand, für den er einst angetreten ist, entfremdet, instrumentalisiert, verhunzt, wesensfremd zurecht geschustert seiner Selbständigkeit beraubt wurde. Nun stehen uns Zeiten bevor, in denen neue Generationen sich kaum mehr daran erinnern werden, was die professionelle Kindertagespflege einst ausmachte.  

Ich glaube leider nicht mehr daran, dass diese Entwicklung noch umkehrbar ist. 

Dennoch möchte ich nicht versäumen, die provokante Frage zu stellen: 

Was genau ist so gut daran, zur Kopie einer Betreuungsform Kita zu mutieren, die ihrerseits selbst in massiver Kritik steht? Wann genau ist die Einsicht verloren gegangen, dass im Vergleich mit anderen selten der eigene Wert zu suchen und zu finden ist? 

Überschreiben möchte ich meine Gedanken mit einem Appell an alle Tagesmütter und -väter, die sich dem Wesenskern ihres Tuns noch verbunden fühlen: 

Nicht in der Angleichung an die Institution findet Ihr Euren Wert, sondern im Bewahren und Weiterentwickeln dessen, was Euch im Kern ausmacht.

Finde den Fehler

Wo stehen die beiden Betreuungsformen Kita und Kindertagespflege heutzutage?

Kita spielt Familie. 

Kindertagespflege spielt Kita.

Merken Sie noch was?

Ich starte meine kurze Gedankenreise bei der Kindertagespflege 

Aus nachbarschaftlichen, familiären Zusammenhängen entstand sie dereinst. Die klassische Tagesmutter. Sie sollte Eltern im Betreuungsalltag ergänzen. Der Berufsstand formierte sich. Schon bald bedurfte es einer Pflegeerlaubnis ab der Aufnahme des 3. Tageskindes. Mit weiteren Schulungsangeboten und -auflagen sollte der Berufsstand professionalisiert werden. An der Erweiterung dieser Auflagen gibt es keinen Mangel mehr. Heutzutage ist es ein Bildungsort, weil man sich mit „Betreuung“ allein nirgends mehr blicken lassen kann. Laufende Geld- und Sachleistungen sollen ihm bis heute „Anerkennung“ zollen. Warum fällt keinem auf, dass das Wort „Einkommen“ noch nie zum Einsatz kam? 

Seither singt Kindertagespflege das ewige Lied der Alternative in zweiter Reihe. 

Ich erinnere an Fernseh-Teams, die sich vor Jahren aufmachten, die Spezies Tagesmutter zu filmen. Der Zoom zielte zunächst auf die „gelben Säcke“ vor dem Haus, umso dann den Katzen-Fressnapf ins Visier zu nehmen. Im Anschluss sah man die Tagesmutter in der Jogginghose eine fettige Dose aufreißen. Der Berufsstand galt als ungebildet, und kochen kann sie auch nicht.  

Diese Zeiten hat KTP hinter sich gelassen. 

Alles gut? Mitnichten. 

Der wirtschaftsorientierte Zug von flexibler Vereinbarkeit von Familie & Beruf nahm Fahrt auf. Die KiTa mit starren Öffnungszeiten konnte es nicht richten. Das Gespenst der 24-Stunden-Kita geisterte durch die Köpfe der politisch Verantwortlichen, und schnell wurde klar, dass dies gesellschaftlich nicht durchzusetzen war. Randzeiten plagten die überfüllte Institution. Also wurden jene auf die Betreuungsbühne gezaubert, die ohne Pflegeerlaubnis zuvor weichen mussten. Omas ohne Pflegeerlaubnis, stützten Kitas und hießen tatsächlich "Externe Bildungsbegleiter". Die Randzeiten-Tagesmutter, die ab 16:00 Uhr den Taxi-Dienst absolvieren sollte, findet sich bis heute in beinahe jeder kommunalen Satzung. Dass vom 2 Stunden-Dienst am Tag kein monetäres Leben sein konnte, spielte für politisch Verantwortliche keine Rolle. 

Der Phantasie, was man mit Kindertagespflege so alles basteln kann, sind bis heute keine Grenzen gesetzt.

In Berlin verpasste eine Bildungssenatorin Tagesmüttern und -vätern einen ganz besonderen Anstrich. Sie nannte es „mobile Kita“; eine Tagesmutter „to go“. Der schnöde Babysitter, den es schon immer gab, wurde im Berufskleid Tagesmutter ein Bildungsanstrich verpasst. 

Als da wäre noch die gute alte „Kinderfrau“, die ins Haus kommt. Die wurde zur „Tagesmutter in Festanstellung“. Bis heute bedarf sie keiner Pflegeerlaubnis, was mir noch niemand erklären konnte. Aber da ging noch was. Findige Politiker ereilte die Idee, Elternpaaren die Gründung einer GbR an den Panz zu binden. Das wiederum entsprang der Frage, könnte man der neuen "Kinderfrau-Tagesmutter-Variante" nicht noch eine zweite an die Seite stellen? Eine, die ihre Tageskinder von anderen Eltern mit ins Haus der ersten Eltern brachte? Nun, das wiederum brachte natürlich jene Komplikation mit sich, dass die Kinder des 2. Elternpaares nun faktisch „außer Haus“ betreut wurden. Das ließ sich locker lösen, in dem Elternpaar Nr. 1, das die Räume bot, jene Raumauflagen zu erfüllen hatten, die eine klassische Tagesmutter in ihrem Hause zu erfüllen gehabt hätte. Formal legitimiert wurde das seltsame Konstrukt durch eine GbR. Klang abgefahren, war und ist bis heute vielen Eltern schlicht zu kompliziert. 

Der Weg zur „Anmietung von Räumen“ durch die Tagesmutter / den Tagesvater war nicht mehr weit.

2 Mal Miete zahlen für eine einzelne Tagesmutter gestaltete sich praktisch natürlich etwas schwierig, es sei denn sie begnügte sich im Privatleben mit "Wasser und Brot"; insbesondere in jenen Bundesländern, in denen das sogenannte Zuzahlungsverbot gleichzeitig ersonnen wurde. Zuzahlungsverbot? Nun ja, das ist ein ganz besonderes Kapitel für sich. Hier beschäftigen sich sogenannte Experten bis heute damit, wie man eine selbständig Tätige dazu bringt, nicht mehr selbständig sein zu wollen. Oder anders ausgedrückt: Wie kompensiert man eine kommunal initiierte Fachkraftflucht aus einem für Qualitäts- und Weiterentwicklungsansprüche geschlossenen Raum. Jenes Verbot besagt bis heute, dass eine Tagesmutter nur von laufender kommunal gedeckelter "Anerkennung" zu leben hätte. Nähme sie einen Cent mehr, so fühlte man sich von Amtswegen nicht mehr zuständig für die Förderung eines Kindes auf Elternseite. Der Motivationskiller Nr. 1 in lernresistenten Kommunen - bis heute. 

Ok. Warum also nicht gleich 2, oder 3, oder 4 Tagesmütter zusammen agieren lassen? 

Die Großtagespflege trat auf den Plan. 

Eine Art Mini-Kita ohne lästige Betriebserlaubnis des Originals ließe sich natürlich schneller hochziehen. Und das tolle daran, als Kommune musste man sich kaum um etwas kümmern; schließlich waren die Damen und Herren ja weiterhin selbständig Tätige.   

Problematisch gestaltete sich jedoch das Argument, wie solle man sie noch vom Original Kita glaubhaft abgrenzen? In irgendeiner Form musste der Status „familiennah“ / „familienähnlich“ noch abgebildet werden.

Aber auch das war schnell gelöst durch die vertraglich, persönliche Zuordnung eines jeden Tageskindes zu einer bestimmten Tagesmutter/-vater. Dass real alle durcheinanderlaufen, sollte dabei nicht wirklich betont werden. Baurechtlich fand sich immer irgendeine künstlich erzeugte Komplikation, die die Unterscheidung zur Kita auch nach außen noch glaubhaft erscheinen ließ. Meist boten sich dafür Garten und Küche an, die selbstverständlich ausdrücklich gemeinsam, aber nur unter Auflagen gemeinsam genutzt werden durften. 

Zu vermeiden war allerdings jenes Konstrukt, dass eine Tagesmutter für die Großtagespflege ihr eigenes Wohnumfeld feil bot. Denn bis heute hat man nicht wirklich eine formal glaubhafte Lösung dafür, was denn mit allen Tageskindern anderer Tagesmütter passieren solle, würde die Raum bietende Tagesmutter ihrerseits krank. Zugegeben, das ist wirklich blöd. Man stelle sich nur vor, Tagesmutter 2, 3 und 4 laufen durch die Räume der erkrankten Tagesmutter. Aber auch hier ließen sich "unterhalb kommunaler Scheinvorgaben" Wege finden, sofern verwandtschaftliche Verhältnisse unter den Tagesmüttern nachzuweisen waren. Die Tochter platziert die Zahnbürste im Büro des elterlichen Ex-Heimes. Und schon war der Zusammenschluss rein familiär darzulegen. Ein bisschen spielen mit erstem und zweitem Wohnsitz, dann passt das. 

"Andere Räume" geht auch in Firmen.

Die betriebsnahe Kindertagespflege ward ausgesprochen zackig aus dem Vereinbarkeitsboden gestampft. Erinnerte mich ein bisschen an den guten alten Babysitter, der im Fitness-Studio im Vorraum saß, damit Mama trainieren konnte. Und so räumen die Unternehmen nun Büros leer, fluten sie mit Spielzeug, und fertig ist die betriebsnahe Kindertagespflege. 

Natürlich tauchen immer mal wieder lästige formalrechtliche Problemstellungen auf. Was macht man mit einer betriebsnahen Tagesmutter, wenn innerhalb des Unternehmens gerade kein Bedarf besteht? Soll man dann gestatten, dass andere Kinder von außen in diese Firmen hineingehen? Könnten sich nicht mehrere Mittelständler eine billige Tagesmutter teilen? Zugegeben, bisschen Tricki. Die meistgewählte Lösung sind sogenannte Belegplätze des Jugendhilfeträgers außerhalb der Firmen. Läuft die Tagesmutter dummerweise mal „leer“, hat der Jugendhilfeträger den Daumen drauf und speist die untätige Tagesmutter mit Leerlaufgeld mal eben ab.  

War es das, was Ihr wolltet?

Ein Berufsbild von wer bin ich, und wenn ja, wie viele?

Tagesmütter und -väter beklagen bis heute von Amts wegen nicht anerkannt und zudem unterbezahlt zu sein. Sie beklagen, ihren Status hart erkämpfen zu müssen und punkten des Öfteren mit dem letzten Ass "der Berufung", das sie mehr oder weniger mit unterbezahltem Herzblut erschöpft aus dem Ärmel ziehen. Dabei rufen sie mal selbstbewusst nach Selbständigkeit und mal nach dem Staate; je nach formaler Sachlage und Bundesland. Je nachdem welchem Ruf sie gefolgt sind. 

Findige Kommunalpolitiker haben entdeckt, 

man kann die ungeliebte KTP-Schwester der Kita wunderbar be-nutzen.   

Landauf landab entdecken Kommunalpolitiker die Kindertagespflege ganz neu für sich. Nicht etwa, weil ihnen die unschlagbaren Familien erweiternden Qualitäten in Zeiten der Globalisierung und Vereinsamung der Kleinfamilie aufgefallen wären, oder ihnen die Notwendigkeit von frühkindlichen Bindungsbedürfnissen wie Schuppen von den kommunalen Augen gefallen wären. Sie entdecken das Sparpotential im gebeutelten Haushaltssäckel. 

Und wen wundert’s, dass die Großtagespflege jetzt gerade das Hauptpfund aller Kommunen ist. Je größer umso besser. Denn wie sonst ließen sich lästige Aufbau- und Betriebskosten der klassischen Kitas auf ein Minimum zusammenstauchen. Dass der Spargedanke der einzige Ton ist, der die KTP-Betreuungsmusik noch ausmacht, zeigt auch dieser Gedanke einer Bürgermeisterin, der im gleichen Atemzug noch viel weitreichendere „Ver(sch)wendungsmöglichkeiten" einfallen. 

Sie und andere räumen ein, dass die Situation in städtischen Kitas für Kleinkinder nicht optimal sei. Weil die Gruppen zu groß seien, könne es vorkommen, dass die Erzieherinnen sich dem einzelnen Kind nicht ausreichend widmen könnten. Dazu bot sie Elterninitiativen an, in Kooperation mit der Stadt Großtagespflege im großen Stil aufzubauen; die Stadt sei bereit, hierbei mit Räumlichkeiten zu helfen, wenn die Eltern die Betreuung selbst organisierten. Ist das nicht genial.     

Wer einmal sein Gesicht verkauft hat, 

wird um den bezahlten Preis kein Neues bekommen. 

Noch treffender wusste es Wilhelm Vogel (19./20. Jh.), deutscher Aphoristiker zu formulieren:  

Die Erbschaft entspricht nicht immer der Größe der Todesanzeige. Wer mir bei dieser Einschätzung nicht folgen mag, der werfe einen Blick zurück. Keine der vielfach zu erduldenden Umformungen und Verhunzungen, die die Kindertagespflege hat über sich ergehen lassen, hat zu mehr Anerkennung, zu mehr leistungsgerechter Vergütung, zu einem bleibenden Standing in der Betreuungslandschaft geführt. Vielmehr ist der Ruf des formbaren Lückenbüßers vollends manifestiert. Und so wird es auch der Großtagespflege ergehen, weil ihr die Rolle der schlechten Kopie des Originals auf den Leib geschrieben ist.  

Das niedersächsische Institut für Bildung und Entwicklung nifbe berichtete schon vor Jahren:  

Ursprünglich aus der Nachbarschaftshilfe entstanden unterscheide sich die Kindertagespflege in einigen wesentlichen Aspekten von der Kita: Sie sei zwar eine personenbezogene Betreuungsform (..) und neben den kleinen Gruppen gelte dieser als wesentliches formales Unterscheidungskriterium zur institutionellen Kindertagesbetreuung. Beides würde weiterhin als Stärke der Kindertagespflege beschrieben; immer weniger Kindertagespflegepersonen führten jedoch ihre Tätigkeit im eigenen Haushalt durch (..) Der Grund, dass die Kindertagespflege als »familienähnliche« oder »familiennahe« Betreuungsform bezeichnet würde, verblasse zunehmend..

Und weiter heißt es: 

Großtagespflege müsse im fachpolitischen Diskurs auch kritisch als »Kita light« bezeichnet werden. Das werfe die berechtigte Frage auf, inwieweit die charakteristischen Merkmale der Kindertagespflege, die wahre Familiennähe, verloren gingen. 

Warum das Großtagespflege Eis so dünn ist, 

zeigt der kritische Blick auf die Massenbetreuung in Kitas auf. 

„Kita light“ wird sich am Ende des Weges der Frage seiner eigenen Existenzberechtigung unterziehen müssen. Die Erkenntnis wird kommen, dass sie sich in einen nicht gewinnbaren Wettstreit mit der Voll Institution Kita begeben hat. Wer seine Daseinsberechtigung aus der schlechten Kopie gezogen hat, wird schlussendlich zum Original mutieren müssen oder sich abermals mit seiner Daseinsberechtigung herumschlagen. 

Bekanntlich gehen neue Türen auf, 

wenn andere klemmen oder sich geschlossen haben. Die Frage ist, welche Türen sind das noch, und wo führen sie hin, und ist es ratsam überall hindurch zu gehen. 

Es droht durchaus Ungemach aus einer aller letzten Ecke. Gibt es noch eine Kindertagespflege Bastion die fallen kann?

Oh ja. Der nächste Schritt wird sein, dass Tagesmütter und -väter sich in den Kita-Räumen wiederfinden. Heute noch ein Werk des landesrechtlichen KTP-Teufels und keinesfalls erlaubt. Schon morgen werden familienpolitisch Verantwortliche auch hier eine Weg-Biegung finden, die auch das möglich macht. Im Rahmen der heute schon gängigen Worthülse "Multiprofessionelle Teams" - übersetzt: Jeder darf mal - wird auch die Tagesmutter in der Institution ihr scheinbar 10. Zuhause finden. 

Gibt es noch eine Chance für die selbständig tätige Kindertagespflege?

Was folgen müsste, ist nichts Geringeres als ein Paradigmen Wechsel. 

Von staatlicher Seite wird die Einsicht nicht kommen. Zu vielen Zwängen sehen sich politisch Verantwortliche kurzfristig ausgesetzt. Da ist kein Wille, da bleibt keine Zeit eine Vision zu entwickeln.  Gelingen kann ein Neustart nur, wenn KTP sich geschlossen bewusst wird, welches Profil sie wirklich ausmacht. Das muss nicht heißen back to the roots der Nachbarschaftshilfe; es bedeutet vielmehr eine Professionalisierung unter Wahrung "of the own roots". 

Wo sehe ich meine Aufgabe als Kindertagespflege-Coachin nach vielen Jahren? 

Ich empfehle: 

Besinnt Euch auf Euer selbständiges Berufsbild als Unternehmerinnen und Unternehmer mit "amtlicher Zulassung". 

Erkennt Euren "Jugendhilfeträger" endlich als Fachberatung (OMG bitte nur an Stellen, in denen er auch "vom Fach" ist) - und nicht als Arbeitgeber! 

Nicht die möglichst effiziente Ausbeutung von Menschen führt zur Gewinnmaximierung, sondern im Gegenteil, die Wertschätzung des Menschen und eine damit einhergehende Freisetzung seiner Begabungen und Talente führt unterm Strich zu mehr Innovation und Einsatzbereitschaft und somit zu besseren Betriebsergebnissen. Damit einher geht ein Wertewandel, auf dessen Verbreitung ich noch große Hoffnungen setze. An Stelle des rein Ökonomischen und dem Credo eines permanenten quantitativen Wachstums tritt ein qualitatives Wachstum, das seine Wurzeln nicht verneint, sondern weiterentwickelt. 

Es punktet durch / mit sich selbst. 

Wo dieser Geist vorherrscht, setzen wir uns im Wigwam fortgesetzt ein, weil das gleiche für uns und unser Netzwerk gilt. Nur dort, wo unsere lösungsorientierte Herangehensweise an das Thema Vereinbarkeit, der Schutz der Aufbauleistung unserer Tagesmütter und -väter volle Anerkennung und Schutz findet, werden wir im Einsatz sein.

Wie könnten überzeugte Tagesmütter und -väter ihren ureigenen privaten Weg zum Wesenskern Ihres Berufsstandes zurück finden? 

Mein Tipp: 

Fangt mit kleinen nachhaltigen Schritten einer tiefen, eigenständigen Bewusstmachung an.   

Frage: Warum distanziert Ihr Euch von Euch selbst mithilfe einer sächlichen Begrifflichkeit als "Kindertagespflege-PERSON?" 

Sprache bereitet Wege. Die Dinge haben immer nur den Wert, den Ihr ihnen verleiht. Das gilt auch für die eigene Berufsbezeichnung.  

Ansonsten werdet Ihr „aufgehen“ in einer breiten institutionellen Betreuungsmasse, die Eure besondere Klasse nebst Alleinstellungsmerkmal mal eben geschluckt hat. 

Es grüßt

Susanne Rowley 

Wigwam 1994
Anerkannte Bildungseinrichtung
55583 Bad Kreuznach
06708 . 660636 . Mo – Do
info_at_wigwam.de

Termine nach Vereinbarung
Vereinbarkeitsberatung für (werdende) Eltern & Mitarbeiterfamilien in Kooperation Unternehmensbegleitung für PädagogInnen in professioneller Kindertagespflege

Vertragspartner in Kooperation
für Vereinbarkeit von Familie und Beruf
Bereich Forschung, Wissenschaft und Medizin
BioNTech SE Mainz
Universitätsmedizin Mainz