Saturday, 1. March 2003
Minijobs - Midijobs - Neuregelung ab 01.04.2003
Hallo liebe Wigwam-Freunde,
Sie freuen sich sicher genauso wie wir über die zunehmend frühlingshaften Temperaturen, was den eingefleischten Faschings-Jecken am meisten gefällt. Es macht ja auch bekanntlich wenig Spaß bei Minus-Temperaturen dem Faschingsumzug bibbernd beizuwohnen. Hatten Sie auch wieder mit Ihren Kindern die alljährliche "Kostümdiskussion"?
Haben Sie sich auch im Vorjahr für das "teure Prinzessinen-Kleid" breitschlagen lassen, aber NUR, wenns im nächsten Jahr nochmal aufgetragen wird?? Und nu...ist es doch nicht mehr gut genug; oder Prinzessin sein ist einfach total "uncool". Waren Sie auch so konsequent wie ich, und haben dann zähneknirschend aus der Prinzessin eine Indianderin gemacht ?? Nein? Da bin ich aber erleichtert :-).
Beginnen möchte ich heute mit dem "Ersten und Zweiten Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt", das Vorschläge der Hartz-Kommission umsetzt. Zum 1. April 2003 treten die Neuregelungen im Bereich der geringfügig entlohnten Beschäftigungen und im sogenannten Niedriglohnsektor - Schlagwort "Mini-Jobs" in Kraft.
Minijobs - Midi-Jobs - Neuregelung ab 01.04.2003
Die neuen Bedingungen für geringfügig Beschäftigte klingen ganz gut. Egal ob Arbeitnehmer, Selbständige, Beamte, Hausfrauen, Rentner, Studenten oder Schüler - alle können ab 01.04.03 400 € mit einem Minijob brutto für netto verdienen. Einzig der Arbeitgeber muss pauschale Abgaben für Steuern und Sozialversicherung zahlen. Unterm Strich können aber auch für ihn die neuen Kleinobs oft günstiger und auf jeden Fall aber leichter zu handhaben sein als bisher die 325 €-Jobs. Schritt für Schritt möchten wir Ihnen die Neuregelungen, die für unsere abgebenden Eltern, die eine Kinderfrau beschäftigen, interessant sind, näher bringen.
Was ist neu? bis 400 € (Mini-Jobs)
Eine geringfügig entlohnte Beschäftigung liegt vor, wenn das Arbeitsentgelt aus dieser Beschäftigung regelmäßig im Monat 400 € nicht übersteigt. Eine Zeitgrenze (bisher: weniger als 15 Std./Woche) gibt es nicht mehr. D.h., künftig bleiben alle Beschäftigungen mit einem Entgelt von bis zu 400 € monatlich - unabhängig von ihrem zeitlichen Umfang - für den Arbeitnehmer abgabenfrei.
Personen, die am 31.03.03 in einer mehr als geringfügig entlohnten Beschäftigung (mehr als 325 € monatlich) versicherungspflichtig waren, mit Inkrafttreten der Neuregelung ab 01.04. aber versicherungsfrei würden (Entgelt zwischen 325,01 und 400 € monatlich), bleiben in dieser Beschäftigung versicherungspflichtig. Sie können jedoch auf Antrag ab dem 01.04. (auch rückwirkend) von der Versicherungspflicht befreit werden.
Wichtig: Bei der Zusammenrechnung mehrerer geringfügig entlohnter Beschäftigungen bleiben diese für den Arbeitnehmer versicherungsfrei, wenn die Entgelte aus diesen Beschäftigungen insgesamt 400 € monatlich nicht übersteigen. Bei der Zusammenrechung mit einer versicherungspflichtigen Hauptbeschäftigung bleibt die erste geringfügig entlohnte Beschäftigung für den Arbeitnehmer versicherungsfrei. Jede weitere wird durch die Zusammenrechnung mit der Hauptbeschäftigung versicherungspflichtig.
Achtung: Diese Regelung gilt jedoch nur in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung. In der Arbeitslosenversicherung werden geringfügig entlohnte Beschäftigungen nicht mit der Hauptbeschäftigung zusammengerechnet; es sei denn, die Arbeitsentgelte überschreiten insgesamt 400 € monatlich.
Bei den geringfügig entlohnten Beschäftigungen hat allein der Arbeitgeber Pauschalbeträge in Höhe von 25 % (Krankenversicherung 11 %, Rentenversicherung 12 % und Steuer 2 %) zu zahlen.
Achtung: Für geringfügig Beschäftigte in Privathaushalten gilt die Regelung, dass der Arbeitgeber (Eltern) allein Pauschalbeträge in Höhe von 12 % (Krankenversicherung 5 %, Rentenversicherung 5 % und Steuer 2 %) zu zahlen hat.
Wohin mit den Abgaben?
Mit den Abgaben ist insgesamt weniger Aufwand verbunden. Ab 01.04. werden diese an eine einzige Stelle, an die Bundesknappschaft in Cottbus überwiesen. Diese verteilt dann die Gelder an die Sozialkassen und an die Finanzverwaltung.
Ein Vorführbeispiel: Herr Mayer hatte bislang 54 % Abgaben beim 325 €-Job
Das bliebe für H. Mayer
Verdienst 325,00
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- 30 % Steuern und davon 5,5 % Soli-Zuschlag 102,86
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Bleibt für H. Mayer 222,14
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Abgabenlasst des Arbeitnehmers 31,65 %
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Das müsste der Arbeitgeber zahlen 71,50
22 % von 325 €
(pauschal für Renten-/Krankenversicherung)
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Abgabenlast des Arbeitgebers 22 %
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Ausgaben des Arbeitgebers 396,50
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Abgabenlast insgsamt 53,65 %
So sähe es für H. Mayer nach der Neuregelung aus:
Verdienst 400,00
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Steuern und Sozialabgaben 0,00
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Bleibt für H. Mayer 400,00
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Abgabenlasst des Arbeitnehmers 0 %
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Das müsste der Arbeitgeber zahlen 71,50
25 % von 400 €
(12 % f. Rentenversicherung + 11 % f.Krankenversicherung
+ 2 % Lohnsteuer
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Abgabenlast des Arbeitgebers 25 %
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Ausgaben des Arbeitgebers 500,00
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Abgabenlast insgsamt 25 %
Gleitzone zwischen 400,01 und 800 € // Midi-Jobs
Für Arbeitsentgelte, die oberhalb der Geringfügigkeitsgrenze von monatlich 400 € liegen, wird zwischen 400,01 und 800 € eine "Gleitzone" eingeführt. Um die Abgaben zu ermitteln, muss hier zunächst im 1. Schritt die beitragspflichtige Einnahme mit einer Formel ermittelt werden. Das klingt zunächst etwas kompliziert.
Hier die Formel: F x 400 + (2-F) x (AE-400)
Erklärung: F = Faktor 0,5995 (für 2003) / AE = Arbeitsentgelt
Ein Vorführbeispiel:
- Entgelt des Versicherten 600 €
- Anwendung der Formel: 0,5995 x 400 + (2-0,5995) x (600-400) = 519,90 / Damit haben wir die beitragspflichtige Einnahme zunächst mal ermittelt!
- Multipliziert mit dem Beitragssatz der Rentenversicherung (19,5 %), ergibt sich der zu zahlende Rentenversicherungsbeitrag 519,90 € x 19.5 % = 101,38 €
Bei der Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung wird entsprechend verfahren).
- Der Arbeitgeberanteil ermittelt sich aus der Hälfte des Betrages, der sich bei der Multiplikation des tatsächlichen Arbeitsentgeltes - 600 € - mit dem Beitragssatz
der Rentenversicherung ergibt: 600 € x 19,5 % = 58,50 €
- Der Arbeitnehmeranteil ergibt sich aus der Differenz zwichen dem zu zahlenden Rentenversicherungsbeitrag, den wir als 1. ermittelt haben und dem eben errechneten
Arbeitgeberanteil, also: 101,38 € - 58,50 € = 48,88 €
Kommen Sie noch mit? Natürlich gibt es auch Tabellen, an denen man sich orientieren kann. Aber wir finden, das man schon wissen sollte, wie man rechnerisch auf die Beträge kam.
Monatsverdienst € | Verdienst, der f. Berechnung zählt | Soz.versicherungsbeitrag Arbeitnehmer |
401 | 241,20 | 50,65 |
450 | 309,83 | 65,06 |
500 | 379,85 | 79,77 |
550 | 449,88 | 94,47 |
600 | 519,90 | 109,18 |
650 | 589,93 | 123,89 |
700 | 659,95 | 138,59 |
750 | 729,98 | 153,30 |
800 | 800,00 | 168,00 |
Sie merken: Die mit der Formel zunächst ermittelten beitragspflichtigen Einnahmen liegen im unteren Gleitzonenbereich erheblich unter dem tatsächlich erzielten Entgelt; je näher man aber dem Entgelt von 800 € rückt, desto mehr nähert sich auch die beitragspflichtige Einnahme diesem Wert an.
Man bedenke:
Selbstverständlich vermindern sich aber auch die Rentenanwartschaften entsprechend! Zur Vermeidung von Rentennachteilen kann man schriftlich die "volle Beitragsabführung" beantragen. In diesem Fall ist der vom Arbeitnehmer zu zahlende Beitrag genauso hoch, wie der des Arbeitgebers. Bei der Berechnung von Krankengeld oder Arbeitslosengeld entstehen den Betroffenen durch die ermäßigten Beiträge keine Nachteile!
Übersicht über Steuern und Sozialabgaben Mini- und Midi-Jobs
Art des Jobs | Verdienstgrenze € | Arbeitszeitgrenze | Steuerabgaben | Sozialabgaben | Zusammenrechnung m.anderen RV-Pflichtigen Haupt- u.Nebenjobs | |
|
| Das gilt bis | 31. März | 2003 |
| |
Alle Mini-Jobs | Bis 325 | Unter 15 Stunden | AN: steuerfrei bei FSB o. Besteuerung auf LSTK od.AG 20 % pauschal + Soli + gegeb. Kirchensteue | AN: Sozialabgabenfrei AG12 % pauschal für RV und gegeb. 11 % pauschal für KV | Ja, uneingeschränkt Werden n. Zusammenrechg.325 € überschritten, volle Soz.vers.pflicht f. AG und AN bis zur BBG, jeweils rd. 21 % d. Verdienstes | |
|
| Das gilt ab | 01. April | 2003 |
| |
Gewerblicher Mini-Job | Bis 400 | Keine | AN: steuerfrei ohne weitere Voraussetzg. od. Besteuerung auf LSTK AG2 % pauschal, wenn keine Besteuerung auf LSTK | AN: Sozialabgabenfrei AG12 pauschal für RV und gegeb. 11 % pauschal für KV | Ein Minijob neben. Sozialvers.pfl.Haupt-Job steuerfrei. Mehrere Mini-Jobs werden zusammen- gerechnet. Bei Überschreitung 400 €-Grenze Sozialvers.pflicht | |
Mini-Jobs im Haushalt | Bis 400 | Keine | AN: Steuerfreiheit ohne weitere Voraussetzg. Od. Besteuerung auf LSTK AG: 2 % pauschal, wenn keine Besteuererung auf LSTK | AN: Sozialabgabenfrei AG: 5 % pauschal für RV und gegeb. 5 % pauschal für die KV | Ein Minijob neb. Sozialvers.pfl.Haupt-Job steuerfrei. Mehrere Mini-Jobs werden zusammen- Gerechnet. Bei Überschreitung 400 €-Grenze Sozialvers.pflicht | |
Midi-Jobs | Über 400 bis 800 | keine | AN: Besteuerung auf LSTK | AN: Ermässigte Sozialvers.abgaben nach Gleitzonen-Regelung AG: Normale Sozialabgaben (rd. 21 % des Verdienstes) |
Zeichenerklärung: |
AN=Arbeitnehmer // AG = Arbeitgeber // FSB = Freistellungsbescheinigung // LSTK = Lohnsteuerkarte // RV = Rentenversicherung // KV = Krankenversicherung // BBG = Beitragsbemessungsgrenze
So, ich denke, dass dieser Stoff zum Denken für den gesamten März erstmal ausreicht :-). Ich hoffe, dass ich das neue Thema einigermassen verständlich rüberbringen konnte. Auch wir bei Wigwam müssen uns erst mit allen Neuregelungen vertraut machen. Trotz dieser zukünftigen finanziellen Verbesserungen/Erleichterungen ist bei Wigwam z.Zt. grundsätzlich die weitere Vermittlung von Kinderfrauen (die ins Haus kommen) in der Diskussion. Wir tendieren dazu, diese Form aufzugeben! Eine Endentscheidung fällt in den nächsten Wochen. Die Schwierigkeiten, mit denen wir hier tagtäglich in der Kinderfrauen-Vermittlungsarbeit zu kämpfen haben, iegen schwerpunktmäßig im zwischenmenschlichen Bereich, und lassen sich offensichtlich durch noch so intensive Beratungstätigkeit durch uns, nicht verbessern. Die die daraus resultierende Unzufriedenheit bei den abgebenden Eltern ebenso, wie bei den Kinderfrauen, wird wieder einmal Thema der nächsten Info-Briefe sein.
Es grüßt herzlich
Susanne Rowley