Saturday, 1. August 2015

Autor: Susanne Rowley

Linke Tasche - Rechte Tasche

Wie Kommunen sich aus der Förderung schleichen 


hohe Elternbeiträge kennen Sie. Sie sind aber mehr als ein Ärgernis, denn sie haben einen Zweck:

Sie sind auch ein klares Steuerungselement, um die Kindertagespflege unattraktiv zu halten - und eine Abwanderung in neu geplante Kitas heute schon sicher zu stellen.

Ich bitte Sie gemeinsam über Zusammenhänge, die ich Ihnen hier darstelle, nachzudenken:

Viele neue Kindertagespflegesatzungen sind in diversen Kommunen erstellt worden. Auf den ersten Blick freuen sich einige Kindertagespflegepersonen, denn in der Regel weisen die neuen Satzungen höhere Förderleistungen auf.

Sie weisen aber noch etwas anderes auf: Horrende Elternbeiträge. Oft stehen sie den Förderbeiträgen sogar in gleicher Höhe gegenüber. Und wenn Sie noch genauer hinschauen, dann oft gerade in jenen Kommunen, in denen just der Neubau vieler neuer Kitas öffentlich angekündigt wurde.

Das hat mehr als nur eine Folge & einen nachdenkenswerten Zusammenhang, wie ich Ihnen in diesem Beitrag erläutern will.

Ich glaube nicht mehr daran, dass diese neuen Satzungen den Tagesmüttern & vätern zugute kommen sollten. Sondern ich halte sie mittlerweile für ein gezieltes Steuerelement, um die KTP einerseits mit Erhöhungen der Förderleistung bei Laune zu halten, bis die Kitas fertig sind, und auf Elternseite hingegen gezielt so unattraktiv wie möglich zu getalten, wenn die Kitas fertig sind - nur so ist ein Abwandern in neu geplante Kita-Einrichtungen heute schon sichergestellt.

KTP-Satzungen stehen also nicht für sich alleine im luftleeren Raum da, sondern stehen vielmehr im klaren Zusammenhang mit allen Platzplanungen einer Kommune.

An diesem Beispiel (Auszug) einer neuen Satzung aus dem Westerwaldkreis, die mir heute zugegangen ist, und die ich Ihnen hier einstelle, ist das deutlich zu erkennen. So oder ähnlich könnte es auch morgen in Ihrer Kommune aussehen!

 

Und auch im Westerwald wird eine neue Kita-Welle analog bereits öffentlich angekündigt.

Wie Sie an dem Schaubild sehen,

beträgt die Förderleistung für die TPP in diesem Kreis für Qualifizierte 5,50 €. Schaut man sich nun analog die Elternbeiträge an, finden wir den gleichen Betrag von 5,50 € wieder und zwar in der höchsten Einkommensstaffel. Dieser fließt also auf der anderen Seite wieder zurück zum Jugendamt.

Staatliche Förderung quasi 0 €.

Nun mögen einige argumentieren, das gelte ja nur für die höchste Einkommensstaffel. Da ich mit 1000enden von Eltern zutun habe und hatte, darf ich Ihnen sagen, dass der Großteil der "Normalverdiener" (Gehalt Mutter und Vater zusammen gerechnet) locker auf ein gemeinsames Gehalt von 3.160 € kommt. Auch dann wenn wir eine saubere Nettobereinigung mit allen anzuerkennenden Belastungen vornehmen, werden viele dennoch an diese nettobereinigte Grenze stoßen.

Denn ebenso wahr ist,

dass klammheimlich, aber merklich, zunehmend Schranken eingebaut werden bei den Belastungen, die zur Nettobereinigung Anerkennung finden. So werden Rentenvorsorgeausgaben nur dann akzeptiert, wenn am Ende eine Monatsausschüttung winkt und keine Endsumme. Auch Versicherungen werden oft nur noch bis zu einer gewissen Grenze anerkannt, egal wie hoch die Ausgaben tatsächlich sind. In einigen Kommunen sind auch bereits Fahrtkosten klar definiert - oft sogar nur in Höhe einer läppischen Monatsfahrkarte. Das gilt auch dann, wenn die Fahrtkosten um ein Vielfaches darüber liegen. Und wer kennt sie nicht, die Eltern die 100 km zum Arbeitsplatz täglich zurücklegen.

Fazit - die Kommune kann davon ausgehen, dass sie bei fast allen Eltern, alles zurück erhält.

Und es darf die Frage erlaubt sein, inwiefern sich das noch Förderung nennen darf.

In meinen Augen finanzieren diese Eltern ihren "geförderten" Betreuungsplatz völlig alleine!

Und das macht Ärger - auf Elternseite.

Der Ärger entlädt sich aber an falscher Stelle!

Und genau das halte ich auch für ein Rädchen im kommunalen Gesamtkonzept.

Die negative Folge für die Tagesmütter- und väter besteht nämlich nun darin, dass Eltern leider NICHT auf die Idee kommen, Elternbeiträge anzuzweifeln, sondern sie bemühen sich

a) vermehrt und schneller um einen Kitaplatz - das Amt kann hier aber ganz entspannt bleiben, denn es besteht ja keine Verpflichtung einen zu liefern, solange ein KTP-Platz besetzt wird; und

b) was noch viel gravierender ist, sie beschweren sich zunehmend beim Jugendamt über private Zuzahlungen, die eine KTP ggf. nimmt.

Das wiederum gibt einer Kommune ein wunderbares Instrument an die Hand irgenwann zu sagen: Wir müssen die Zuzahlungen eindämmen - die Eltern können das nachweislich nicht mehr leisten.

Und ein ZZ-Verbot geht meist mit Belegsystemen einher.

Merken Sie was?

Das Konstrukt geht gänzlich auf.

In der Gesamtbetrachtung aller Vorgänge muss man folgendes annehmen:

  • Förderleistungen der KTP werden erhöht, um sie bei Laune zu halten.
  • Elternbeiträge werden analog erhöht, um die Attraktivität der KTP zu senken
  • Förderleistungen & Elternbeiträge befinden sich immer öfter in gleicher Höhe; heißt die Kommune zieht sich während Kita-Aufbauphase fast ganz aus der Förderung heraus.
  • Eltern liefern die Rechtfertigung für das ZZ-Verbot durch Dauermeckern beim Jugenamt.
  • Belegsysteme KTP stellen sicher, dass die Betreuungsarmee für Randzeiten bereit stehen wird, wenn die Kitas fertig sind.

Achten Sie bitte mal darauf, ob in Ihrer Kommune all diese Komponenten gerade in gemeinsamer Planung stehen.

Ja?

Dann müsste Ihnen mein Lampenladen hier aufgehen.

Es wird also höchste Zeit, Eltern mal vollumfänglich darüber aufzuklären, wer hier seinem Förderauftrag nicht nachkommt, und wer Schuld daran hat, dass die Kosten mehr und mehr alleine auf Elternschultern lasten.

Klar werden muss Eltern auch, dass sie instrumentalisiert werden, um das ZZ-Verbot durchzusetzen, was wiederum einmal Auswirkungen auf die Qualität der Betreuung ihrer eigenen Kinder haben wird, denn viele hochmotivierte KTPs werden weder mit ZZ-Verbot arbeiten, noch als Randzeiten-Platzhalter fungieren.

Ich werde innerhalb von Wigwam massiv mit der Aufklärung dieser Zusammenhänge begonnen! Und: Ich ernte zunehmend Verständnis bei unseren Eltern; alleine wären sie nicht auf die Idee gekommen, Elternbeiträge in der Kindertagespflege anzuzweifeln.

Warum nicht frage ich? In einigen Kommunen sind sie ab dem 2. Geburtstag eines Kindes plötzlich wundersam verschwunden...Warum erst dann? Na, weil ab dem 2. Geburtstag "die Gefahr" einfach steigt, dass Eltern, die ganz ohne Platz da stehen, einen Kitaplatz verlangen.

Würde man KTP wirklich fördern wollen,

wäre es sinnig, Elternbeiträge ab dem 1. Geburtstag zu streichen. Nur das das wäre ein klares Signal und ein sinnvolles Instrument, um die Kleinstkinder mit großen Bindungsbedürfnissen vermehrt in die besser geeignete KTP zu steuern.

Da all' dies ausbleibt

und stattdessen stattfindet, was ich hier beschreibe, bitte ich alle, die das hier lesen, mit der Aufklärung ihrer Eltern zu beginnen.

Holt Eure Eltern mit ins Kindertagespflegeboot!

Denn die, die gerne bei Euch Tagesmüttern & -vätern sind, haben ganz sicher kein Interesse an Eurem Untergang - also muss ihnen klar werden, dass diese Konstrukte den Untergang aber bedeuten könnten.

Und Sie liebe Eltern bitte ich,

wenn Sie das lesen: Beschweren Sie sich beim Amt nicht über die Zuzahlung, die Ihre Tagesmutter braucht, sondern schauen Sie sich mal die unverschämten Elternbeiträge an, und lassen Sie sich auf der Zunge zergehen, dass Sie Ihren Betreuungsplatz - wider gesetzlicher Auflagen - eigentlich fast gänzlich selbst bezahlen!

Das war nie im Sinne des Bundes-Erfinders!

liebe Grüße

Susanne Rowley

Wigwam 1994
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