Thursday, 15. May 2014

Autor: Susanne Rowley

Liebling, wir brauchen einen Anwalt

Rechtsanspruch - lohnendes Spiel ohne Grenzen.

Unser Thema heute:

Rechtsanspruch für alle, außer für die, die Anspruch haben.

Alle anderen sind dick drin im Geschäft.

Liebe Wigwam-Freunde,

ach, wenn Sie keine Lust haben auf meine schnöden Texte, dann einfach die flotte Anwalts-Scheibe da unten einlegen – da geht auch so richtig was ab ;-).Machen Sie doch mal!

>> Anwalts Liebling <<

Ja, da ist wieder so ein Kabinett-Stückchen,

über das man sich aufregen kann, sofern man noch Saft dafür hat, oder man sieht gelangweilt darüber weg? Ich habe beschlossen – soweit bin ich noch nicht. Mein noch gesunder Menschenverstand sagt mir, dass ein gesetzlicher An-spruch mir etwas ver-spricht, was dann auch zu halten ist.

Oder war das nur ein Spruch?

Und wenn ja, wer spricht jetzt mit mir über mein versprochenes Recht.

Aber nun mal der Reihe nach.

Ich bin Eltern.

Ich wünsche einen Kinderbetreuungsplatz. Wo gehe ich jetzt be-anspruchen? Richtig – ich such‘ mir einen Advokat. Jener welcher be-ansprucht das Recht, das mir versprochen wurde, auch dann, wenn ich real nichts will! Also schaue ich mal nach, was ich dafür bekomme, wenn ich beanspruchen täte, was die nicht haben – sofern ich das durchhalte – rein rechts-dreherisch. Ich hol' mir also einen Advokat (der gibt mir das gute Gefühl, dass ich noch da bin).

ich hoffe dabei, nicht auf einen Winkel-Advokaten zu treffen,

der mich womöglich um mehr als nur um besagte Recht-Ecken führt oder gar mit ab-schätzigen Absichten nur seinen Schatz zu finden sucht. Ah ich weiß schon, was Sie denken – jetzt ist sie übel drauf. Und Recht haben Sie in Ihrer Ein-Schätzung, dass ich schätze, dass es nicht um (m)einen Schatz oder einen anderen kleinen Schatz von Eltern geht.

Historisch gesehen

liege ich gar nicht so falsch mit meinen Advokaten, denn dereinst (als ich ward noch nicht so garstig) handelte es sich bei jener Berufsbezeichnung um einen Abgrenzer gegenüber dem sogenannten Prokurator – dem Bediensteten des Staates, der dazu auserkoren war, sich um die Belange des Volkes zu kümmern – passt doch.

Aber da gibt es nicht nur des Eltern Liebling - auch die Rechtsschutzversicherer haben mittlerweile den Rechtsanspruch als eine sichere Einnahmequelle entdeckt. Entgegen den offiziellen Verlautbarungen der Städte und Kommunen sind Eltern, denen der Rechtsanspruch verwehrt wird, durchaus klagefreudiger, als bislang zugegeben.

Ganz uneigennützig und frisch gefönt sowie ausgeschlafen lachte uns schon in früheren Jahrzehnten der nette Herr Kaiser von der Hamburg-Mannheimer entgegen ;-). Kennen Sie den noch?

Auf jeden Fall werben sie die Rechtsbringer –

an allen Fronten versteht sich. Ein tolles Geschäft, da die Aussicht auf einen Sieg vor Gericht bei nahezu 100% liegt. Einige Versicherer, wie der ARAG-Mann unseres Vertrauens, gehen sogar noch einen Schritt weiter und raten rechtssuchenden Eltern, sollten sie nicht innerhalb von 3 Monaten einen Entscheid bezüglich eines Kita-Platzes erhalten, zur sofortigen Klage – das nennt sich dann Untätigkeitsklage.

Auch so kann man sich von Rechts wegen beschäftigen.

Auch die Entfernung vom Wohnraum zur Kita ist mittlerweile ein rechter Klagegrund. Auch wenn es diesbezüglich bislang hierzu nur Urteile in München und Köln gibt, so sind andere Gerichte gehalten, sich an diesen Urteilen zu orientieren.

Alles in allem kann man(n)/frau also feststellen, dass die Strategie der Verschleppung öffentlich verantwortlicher Stellen einer neuen Klientel in den Geldsäckel spielt. Den Ämtern dient die Hinhaltetaktik in Sachen:

Kinderbetreuungsplatz ja oder nein – warten Sie noch einen Moment – wir melden uns...

dazu, die Klagebereitschaft vordergründig hinauszuzögern, derweil im Hinterstübchen der Advokat ihres Vertrauens an seiner/meiner Sache wohl zu feilen weiß. Die Vorberatung hat es ebenfalls in sich, denn just werden Eltern in Sachen Verhandlungsstrategie richtig fit gemacht: denn ob der Tatsache, dass keinem Amtsmann/frau daran gelegen sein kann, eine Klage herauf zu beschwören, sehen sich die klagebereiten Eltern in einer guten Verhandlungsposition. Schließlich kostet jeder Prozess Geld und ein verlorener sogleich das doppelte.

Und:

Verlorene Prozesse wirken sich nachteilig auf die persönliche Karriere aus, bringen aber ggf. den einzelnen Amtsinhaber dahin, zu verstehen, für was und wen er dereinst  den Kopf hingehalten hat. Im Kölner Jargon, so hab ich kürzlich von einem Wigwam-Vater gelernt, würde das dann offenkundig heißen: “det Kölsche-Klüngel”, bei dem es oberflächlich besehen in Resten immer noch ein bisschen menschelt – aber nicht um des Menschen willen, sondern die jeweils angespannte Lage jedes einzelnen in einer einzig dafür gefundenen Sprache deutlich zu machen.

Eltern gehen folglich mit dem Gedanken in die Verhandlung,

dass der Amtsleiter hier einen Mangel zu verwalten hat, er beim Tarnen nicht auffliegen darf, hat er doch die Vorgabe im Nacken: ”Schau zu, dass wir Geld sparen...[ ]...wie Du das hinbekommst ist Dein Problem...! Haben Eltern – lt. Advokat - einen denkbar traumhaften Ausgangspunkt: Denn, mit dem Rechtsanspruch im Rücken und den Schwierigkeiten des Amtes im Kopfe vertraut, ist es noch nie so einfach und vergleichsweise günstig gewesen, genau die Betreuung für sein Kind zu erlangen, welche einem vorschwebt ...

Wie ich das meine?

Auch ohne ersehnten Kinderbetreuungsplatz kann Mutter und Vater nun losziehen, sich suchen, was Eltern da wolle und den Schaden den zu ersetzenden sich wieder holen.

Zitat eines Wigwam-Vaters, der mir schrieb:

>>  Im Grunde genommen ist also exakt die derzeitige Situation die idealste für alle Beteiligten. Hochwertige, frei wählbare Kinderbetreuungsplätze sind im Normalfall nicht für Otto Normalfamilie zu ergattern. In Zeiten des „Brutalkapitalismus“ geht alles. <<

Der Rubel rollt von links nach rechts, die Gerichte sind beschäftigt, die Eltern scheinbefriedigt – der Krieg wird geführt, um etwas, was sowieso nicht zu haben ist, von dem aber dennoch profitiert werden kann.

Blüten

so nennt man Geldscheine, die nichts wert sind – und so ist es auch mit diesem

Hype um nichts,

der allen dient, nur nicht dem Kind, um das es einmal gehen sollte. Die Zeit wird noch ausgefeiltere Methoden an den Tag fördern, so spezialisiert man sich in Sachen Verhandlungsgeschick, um sich immer über die gegnerische Gedankenstruktur im Klaren zu sein.

Der Befehlsempfänger des Amtes wird sich in seiner Formulierung des Nicht-Anspruches spezialisieren, den Drahtseilakt üben, den von oben diktierten Klagevermeidungsprozess zu verfeinern. Dazwischen wird er ab und an schlecht schlafen, sich aber auf die Schulter klopfen, sofern es ihm gelungen ist.

Ein System-Handel

der die Sache äh das Kind unterwegs verloren hat, und die Einzelfallprüfung nur noch darin besteht, ob jeder einzelne, der dem System alleine nicht entkommen kann, seine persönliche Prüfung bestanden hat.

Ein Spiel ohne Grenzen –

leider auch ohne DEN Betreuungsplatz. Auf jeden Fall aber ein lohnendes für den Advokaten, der sich aufs Abgrenzen versteht und darauf, Gegner in Scheinverbündete zu verwandeln. Jener Wigwam-Vater verriet mir seine Strategie im Wissen, dass er nicht bekommen wird, und nicht einmal bekommen will, was er da einfordert - und die ging so:

>> ab Fristsetzung alles nur noch schriftlich – wenn nötig Gesprächsprotokolle anlegen, erst nach gesetzten Fristen mit Klage drohen, freundlich geht das auch noch, aber nach der 2. Frist nicht mehr. Thor und Wotan nur aufzeigen, wenn nichts mehr geht. Dann klar machen, was mein Gegner spart, weicht er noch einmal aus, fallen ihm dann noch nicht die Schuppen von den Augen, müssen neue Seiten her – und auch die kennt mein Anwalt. Zuweilen werden Bürgermeister angeschrieben, die dann wiederum entscheiden müssen, ob sie ihren Amtspaulus zum Saulus werden lassen – und der Kopf dann eben rollen muss – für die gute Sache. Nach Aktenlage ist schwer zu entscheiden – ist man ja nicht dabei gewesen. Hilf Dir selbst, dann hilft dir Gott? Nein, nach dem frage ich in Sachen Kinderbetreuung schon gleich gar nicht – denn wenn von Amts wegen nichts unten raus springt, dann vom Himmel schon gar nicht. Wie dem auch sei, der Hase ist im Pfeffer, und Großmuttern wusste auch schon immer, dass Kinder machen einfacher ist, als sie großzuziehen. <<

Einfache Faust-Regeln –

so wie man rein ruft, so schallt es raus – oder der Ton macht die Musik – oder der Stärkere gewinnt (nur was genau) wird führen zu einem last but not least….?

Da fällt mir ein: Im Leben trifft man sich immer 2 mal – was bedeuten würde, nur aufgeschoben – nicht aufgehoben – insofern nichts gelöst, sondern dumm gelost.

Versöhnlich stimmt

mich dabei immer der Anblick der kleinen Menschlein, die sich in jeder Woche auf meiner Wigwam-Decke wälzen, und es immer wieder schaffen, mir eins meiner gesammelten Kängurus abzujagen - weil ich nicht widerstehen kann, dem Blick

....dem unschuldigen.

Einen schönen Abend wünscht

Susanne Rowley

Wigwam 1994
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