Saturday, 15. August 2015

Autor: Susanne Rowley

Kaum haben Unternehmen die Wertschätzung entdeckt..

.. verkommt sie im Phrasentum


Liebe Wigwam-Freunde,

Wenn Sie auf den Link klicken: 

http://www.deutschlandradiokultur.de/wertschaetzung-arbeiten-in-der-wischi-waschi-kultur.1008.de.html?dram%3Aarticle_id=328049

können Sie ein Interview hören, das mich sehr berührt, weil es stellenweise die Erfahrungen widerspiegelt, die mir in den letzten Wochen in Unternehmen auf die eine oder andere Weise so oder ähnlich begegnet sind.

Sie haben sicher bemerkt,

es ist auf dieser Seite etwas ruhiger geworden, als sonst üblich, was daran lag, dass ich in Sachen Überzeugungsarbeit in Unternehmen für echte Vereinbarkeit von Beruf & Familie unterwegs war.

Dabei wurden mir mehr oder weniger tiefe Einblicke

zuteil, in die noch als recht diffus zu bezeichnende Unruhe, die der demografische Wandel und der damit einhergehende Wunsch, gute Mitarbeiter zu gewinnen und zu binden, bei den Personalverantwortlichen hervorbringt.

Im Zuge dieser Erfahrungen fiel mir obiges Video in die Hände, das ich aus gutem Grund mit meinen persönlichen Eindrücken verbinden möchte.

Meine gewählte Überschrift würde ich daher noch schnell ergänzen wollen - denn nicht nur das Phrasentum habe ich als ausgesprochene Belastung in Verhandlungen empfunden, sondern auch eine Art Überaktion; eine mir bis dato nicht so geläufige Form der Spezialisierung auf das Mitarbeiterbindungsthema.

Richtig schräge Blüten waren auch dabei

Einerseits wird den Unternehmen – aktuell insbesondere den Unternehmen des Mittelstandes - klar, was Fachkräftemangel bedeutet, und die Folgen bekommen sie heute schon zu spüren; andererseits herrscht in Führungsebenen stellenweise noch rigide Ideenarmut, wie man der neuen Art von Bewerbern begegnen soll, die nun die Wahl haben, zwischen einer Vielzahl von Unternehmen.

Das Personalmarketing in Groß- und Mittelständischen Betrieben

sieht sich also besonderen Herausforderungen gegenüber, denn zum eindeutigen Wettbewerbsvorteil wird es schon bald ganz selbstverständlich gehören müssen, dass sich Arbeitgeber Gedanken über Wünsche und Erwartungen potenzieller Mitarbeiter machen.

>>  Erfolgreiche Unternehmen haben verstanden, dass ihre Mitarbeiter mehr sind als nur „Humanressourcen. Sie sind mit ihrem Know-how der Schlüssel dazu  << hören wir in obigem Interview.

Richtig – aber ob das wirklich alle verstanden haben? Denn ebenso stehen auch solche in den Startlöchern, die nicht so ganz verstanden haben, dass wir hier vom "Faktor Mensch" sprechen, sondern sie basteln stattdessen an etwas, was sich „Anreizsysteme“ nennt. In bestimmten Systemen dieser Art, spielt der Faktor Mensch zwar eine Rolle - aber schlussendlich doch nur in dem Sinne: wie hole ich maximal aus dem Menschen heraus, was ich von ihm haben will.

Das ist nicht neu meinen Sie?

Stimmt. Aber jetzt wird es bald noch perfekt ergänzt: Wie hole ich das Maximum aus Mensch heraus, ohne dass er das merkt, und vermittele ihm stattdessen zeitgleich das Gefühl, ihn als Mensch berücksichtigt zu haben, ohne dies wirklich zu tun. Das klingt nicht nur perfide, das ist es auch, denn es hat nichts mit Wertschätzung zu tun - die dazu gerne bemüht wird, sondern zielt einzig darauf ab, die Loyalität von Mitarbeitern zu be-nutzen.

Und genau hier haben wir aus meiner Sicht die Anfälligkeit des Systems an sich schon entlarvt. Es ist zum einen eine aufgesetzte Strategie - und zum anderen zu perfekt, als das es menschlich sein könnte.

Und damit steht für mich fest: Wertschätzung? Thema verfehlt!

An dieser Stelle konnte und wollte ich mich in Gesprächen bereits zurück ziehen, denn warum sollte ich in ein Wettrennen starten, dessen Ziel mir von Grund auf zuwider ist.

Klar, verstand ich auch ganz schnell, dass diese Art der Perfektion nicht mehr auf normalen Wegen der Kommunikation zu erreichen ist. Also nicht mit Sätzen, wie wir sie in obigem Interview noch hören dürfen, weil sie per se zu einfach gestrickt sind für solche Experten.

>> Wenn du was wissen willst, frag jemanden, der sich damit auskennt <<

oder:

>> Kreativität, die sitzt ja meistens nicht in den Köpfen der Manager, sondern sitzt in den Köpfen der Praktiker <<

Aber mit denen redet ja keiner mehr – schon gar nicht in der Politik - und bald auch nicht mehr in den vom Fachkräftemangel geplagten Unternehmen?

Aber noch stimme ich Thomas Sattelberger im oben vorgestellten Interview vollkommen zu: Auch ich habe in den letzten Monaten in 3 Unternehmen tolle Unternehmenspersönlichkeiten kennen gelernt, die weit mehr verstanden haben, als ihnen lieb war. Nicht nur, dass gute Arbeit schlicht und ergreifend gut bezahlt werden muss, sie haben auch erkannt, dass Vereinbarkeit von Beruf & Familie nur so heißen darf, wenn sie beim Mitarbeiter ganz unmittelbar und direkt ankommt. Und in zweien von ihnen konnte ich punkten und werde nach meiner Sommerpause, die "Flatrate Notfallprogramme" durch sinnmachende Neustrukturierung ablösen!

Aber es gibt eben auch jene "Experten", die einen ganz anderen Weg einschlagen werden

Warum einfach machen, wenn’s auch kompliziert geht.

Wussten Sie, dass eine richtig dicke Schippe Geld ausgegeben wird, um noch weit ausgeklügeltere Anreizsysteme für's Mitarbeiter Locken und Binden zu ersinnen, als wir jetzt schon haben?

Hierbei durfte ich eine völlig neue Begrifflichkeit kennenlernen. Das „Cafeteria-Prinzip“ – heißt: Punkten kann man beim Mitarbeiter, wenn der sich jederzeit an dem bedienen kann, was ihm besonders gut gefallen könnte. Und jetzt wird’s spannend, denn in diesem Unterfangen sind Experten auch schon an die Grenzen des Erträglichen gestoßen, und sie haben erforscht: tut man dem Mitarbeiter gar zuviel Gutes, kann sich das ins Gegenteil verkehren.

Den Umkehreffekt haben sie also auch schon im Blick; aber nicht nur das, die Experten wissen auch schon, wie dem wiederum mit "Anti-Anreizsystemen" zu begegnen ist: Schöpft der Mitarbeiter das, was das firmeninterne Anreizsystem ihm darbietet, nicht vollständig aus, kriegt er wieder ein Zusatzbonbon – mehr Urlaub, einen Zuschuss zum Fitnessstudio usw. Als ich das hörte, fragte ich mich: Und was kriege ich, wenn ich auch nicht Turnen gehe?? Frau kann ja mal fragen ;-).

Wo soll das hinführen?

Ist das sinnhaft? Oder fehlt mir da einfach nur das entsprechende Studium? Geht’s hier um Wertschätzung oder um durchkalkuliertes lieb sein?

Und damit wären wir wiederum bei einem wichtigen Anteil des oben dargebotenen Interviews.

Was ist echte Wertschätzung überhaupt?

Ich fände es überaus hilfreich, wenn diverse Führungskräfte vor der Experimentierphase sich dieser Definition bewusst würden.

>> Wo in Hochglanzbroschüren vom Mensch im Mittelpunkt gesprochen wird, aber in Wirklichkeit meist eine ganz andere Realität da ist <<

Da wo obiger Tenor herrscht, möchte auch kein motivierter kreativer Mitarbeiter sein Bündel wirklich lange abstellen! Für wie dumm halten die die Menschen eigentlich? 

Also nichts weiter als Zucker statt Peitsche?

Und was ist daran neu?

Unterm Deckmäntelchen und auf den Fluren herrschen weiterhin  eigene Gesetze – unausgesprochene in der Regel – auf jeden Fall solche, die dazu geeignet sind, Tabuisierung von Offenheit weiter aufrecht zu erhalten – von oben bis ganz nach unten.

Echte Wertschätzung hingegen würde bedeuten, auch Tacheles reden zu können und zu dürfen. Wahrheit schafft zunächst Vertrauen und dann die Möglichkeit auf Veränderungen hin zum Positiven.

Sicher, das ist auch unbequem – viel leichter ist es, dafür zu sorgen, dass alle Mitarbeiter sich samt "Anreizen" fortgesetzt im betrieblich angeordneten Mitnahmebrei bewegen. Und das funktioniert immer, denn in der Gemeinschaft ist es einfach wohliger als alleine auf weiter Firmenflur. Aber darauf würde ich mich als intelligenter Unternehmen in den kommenden Zeiten nicht mehr verlassen. 

Und so sprießen sie in vielen Firmen, die neuen Kommunikationstrainings für Führungskräfte. In manche habe ich hineinschnuppern dürfen und kam schon nach kürzester Zeit zu der Auffassung: Nein, Danke, das brauche ich nicht. Ausgefeilte Techniken laufen da ab, die allesamt auf Manipulation und nicht auf echte Wertschätzung ausgelegt sind.

Und wussten Sie, dass es Anreizsysteme gibt,

die einen gewissen Anpassungseffekt aufweisen?

Also entschuldigen Sie, dass ich Sie an meinem neuen Lernstoff noch ein paar Zeilen lang teilhaben lassen möchte ;-):

Heißt im Klartext: Mit fortschreitender Nutzung von Anreizen beim Mitarbeiter scheint – so die Experten – ein gewisser Ermüdungseffekt einzutreten. Um also die Motivation der Mitarbeiter permanent hoch zu halten, muss es immer wieder was Neues sein. Weniger verblüfft hat mich die neue Erkenntnis, wie und warum man um eine gerechte Entlohnung herum kommen sollte. Das soll auf Dauer auch nicht gut sein, denn dann wäre der schnöde Mammon in Form vom Belohnungseffekt und nicht mehr das Produkt der Gott, dem sich der Mitarbeiter unterordnen mag.

Begleitet werden diese Annahmen, und damit möchte ich auch zum Ende dieses Grauens kommen, durch begleitende Studien, die das Wissen um den sogenannten Crowding-Out-Effekt in Firmen hineintragen. Fallen also Crowding-Out und Anpassungseffekte zusammen, ist das lt. Experten das Kontraproduktivste, was man einem Mitarbeiter antun kann.

Ich übersetze: Tun Sie ihrem Mitarbeiter nicht so viel Gutes – er wird sonst erlahmen.

Ich sage: Wenn Wertschätzung aufgesetzt ist, verstärkt sich ein ungutes Gefühl und man fühlt sich benutzt – nichts weiter! Und wenn ein Arbeitgeber versuchen würde, mir seine Firma schmackhafter zu machen, als mein eigenes Wohnzimmer je sein könnte, merke ich das bevor er damit fertig ist.

Mein Interesse an "Job Enlargement" oder "Job Enrichment" - so nennt sich der Unfug - ist bereits im Ansatz des Anreizes ziemlich erlahmt. Denn das ist genauso spannend wie der facility manager hinter dem sich auch nur der gute alte Hausmeister verbirgt - und der war mir schon immer viel lieber, weil der interessierte sich mehr für facility als für's Management ;-).

Wie wär’s mit einer guten Mitarbeiterbefragung – soll schon mancherorts geholfen haben. So einfache Fragen wie: Was wünschen Sie sich – was fehlt Ihnen im Unternehmen. Gestaltet man jenes zu Beginn auch noch anonym könnte man vielleicht recht gute Antworten bekommen.

Tja, und damit wären wir dann auch ganz schnell bei der

Glaubwürdigkeit eines Unternehmens,

die sich in weit mehr widerspiegeln muss, als nur in dem Produkt, das wir kaufen sollen, und bekanntlich nicht schneller entlarvt werden kann, als durch den Abgleich Hochglanzprospekt - versus - Realität.

Aber sie kann noch viel empfindlicher erschüttert werden in aktuellen Zeiten - nämlich im Kern. Und dafür genügt es, dass auf eine groß angelegte Mitarbeiterbefragung keinerlei Taten folgen.

Und so gehe ich einerseits zufrieden und bereichert und andererseits auch um ein Vielfaches un-sinnig geläutert in Sachen kommendes "Anreiz- und Antianreizgeschäft" in Kürze in meine verdiente Sommerpause. Mühsam nährt sich das Wigwam-Känguru; aber immerhin jetzt mit 2 neuen Gesellschaften eines Konzerns und einem mittelständischen Unternehmen im Schlepptau, die Tacheles und echte Wertschätzung in Sachen Vereinbarkeit nicht nur hören, sondern auch erleben wollen.

Und die werde ich bieten - angefangen bei der Tagesmutter - über die Eltern - bis hin zum Kind.

Und die Reihenfolge meiner Aufzählung garantiert den Erfolg!

In diesem Sinne auf bald

Ihre Susanne Rowley

Wigwam 1994
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Vereinbarkeitsberatung für (werdende) Eltern & Mitarbeiterfamilien in Kooperation Unternehmensbegleitung für PädagogInnen in professioneller Kindertagespflege

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Universitätsmedizin Mainz