Wednesday, 1. August 2001

Autor: Susanne Rowley

Gesetzesänderung Gewaltschutz / Übereinstimmung Erziehungsstil / Schuldgefühle

Zunächst einmal eine wichtige Korrektur zu meinem Info-Brief 1, 

der einen gravierenden Fehler enthielt.

Gesetzesänderung

Wie der Verband alleinerziehender Mütter u. Väter berichtete wurde , befindet sich das "Gewaltschutzgesetz" in der ersten Lesung (noch nicht verabschiedet), das eine deutliche Position für die Frauen bezieht. Sie sollen von nun an in der Wohnung bleiben und ihre gewalttätigen Männer müssen gehen. Bisher haben in der BRD jährlich über 50.000 Frauen mit ihren Kindern Schutz in Frauenhäusern suchen müssen, um der Gewalt ihrer Männer zu entgehen. Das Gesetz würde zunächst in dem Maße Gerechtigkeit herstellen, als nun die Männer die Konsequenzen ihres Handelns tragen müssen. Es würde Gewalt gegen Frauen heraus aus der Privatsache in den Bereich der inneren Sicherheit verweisen. Auch die Kinder würden von der neuen Regelung profitieren - sie könnten in ihrer gewohnten Umgebung bleiben; Kiga und Schule weiter besuchen und Freunde in der Nachbarschaft behalten. Folgender Stand der Dinge: Das Gewaltschutzgesetz befindet sich in der ersten Lesung. Es ist noch lange nicht verabschiedet. Entwürfe liegen vor. Wenn dieses Bundesgesetz verabschiedet ist, dann müssen zunächst die Länder ihre Polizeigesetze ändern, damit die Polizei die Befugnis bekommt Menschen aus der eigenen Wohnung zu verweisen. Dieses Recht haben zur Zeit auf richterlichen Beschluss nur Gerichtsvollzieher. Dazu arbeitet eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe. Abschließend will ich noch ein Statement einer Leiterin eines Frauenhauses hier anfügen, die auf länder- und bundesebene arbeitet. Sie sagt: " dass es ein Trugschluss ist anzunehmen, dass alle Frauen und Kinder dann in Ihren Wohnungen verbleiben können, denn das Gesetz spricht nur eine Wegweisung aus und gewährt keinen konkreten Schutz. Es wird, wie das Beispiel Österreich zeigt, weiterhin voll belegte Frauenhäuser geben." Eine immer häufiger gestellte Frage:

Wie groß sollte eigentlich die Übereinstimmung sein in dem Erziehungsstil von Mutter und Tagesmutter? Grundsätzlich muss man sagen, wäre es natürlich wünschenswert, wenn die Erziehungsstile recht ähnlich wären; aber auch das ist nur dann hilfreich, wenn die "Chemie" zwischen Mutter und Tagesmutter stimmt. Vorrangig sollte man sich merken, dass das Tageskind bei der Tagesmutter, wie auch zu Hause einen Rahmen braucht. Ein Tageskind kann bis zu einem gewissen Grad sehr wohl unterscheiden, welcher Rahmen zu Hause vorgegeben ist und welche Regeln bei der Tagesmutter herrschen. Viel wichtiger ist, dass das Verhalten der Tagesmutter für das Kind berechenbar bleibt und im Vergleich zum zu Hause nicht von auffälligen Widersprüchen geprägt ist. Vor dem Tageskind sollten beide, Mutter und Tagesmutter "an einem Strang" ziehen. Und...wer kennt das nicht: wir holen unser Kind von einem "Verwöhn-Wochenende" bei Oma und Opa ab, und dann brauchen wir erst mal einige Tage, bis "Mäxchen" wieder weiß, dass es zu Hause anders läuft. In gemeinsamen Gesprächen sollten Mutter und Tagesmutter vor allem Konsequenzen in verschiedenen Lebenssituationen des Kindes abklären; also auch der Umgang mit Strafe, das Thema Medien, das Setzen von Grenzen, Zulassen von Kriegsspielzeug ect. Welche Folgen es haben kann, wenn die Grundsatzregeln zu weit auseinanderklaffen, können wir uns alle vorstellen. Es führt dazu, dass die Kinder die gegensätzlichen Anforderungen nicht verinnerlichen und damit auch kein eigenverantwortliches Handeln lernen, oder sie fangen an, beide "Eltern" gegeneinander auszuspielen. Man sollte sich auch nicht scheuen, bei den gemeinsamen Problemen die Dinge deutlich beim Namen zu nennen. Es reicht einer Mutter nicht zu erfahren, dass eine Tagesmutter gewaltfrei erzieht; sie will vielmehr deutlich wissen, wie die Tagesmutter in konkreten Situationen gedenkt mit ihrem "Trotzkopf" umzugehen. Natürlich können in den Gesprächen nicht alle zu erwartenden Problemfälle vorher schon besprochen werden, und noch so viele Gespräche zeigen nicht immer das tatsächliche Verhalten in einer konkreten Situation, aber man kann beiderseits den Umgang mit Kritik üben (loben sollte man auch nicht vergessen). 

Dauerbrenner Schuldgefühle der abgebenden Mutter

nach meinen eigenen Erfahrungen als Mutter und durch die jahrelange Erfahrung in der Vermittlungsarbeit mit vielen vielen Müttern, kann man dieses Thema wirklich als Dauerbrenner "unterm Mäntelchen" bezeichnen. Ich glaube, keine Mutter ist frei von diesen Schuldgefühlen, ob sie nun arbeiten geht, oder zu Hause ist. Viele Tagesmütter berichten und beklagen sich auch, dass diese Schuldgefühle der außer Haus arbeitenden Mutter vorrangig dadurch wett gemacht werden sollen, dass die Kinder zu Hause wieder "alles dürfen" - ihnen keine Grenzen gesetzt werden, oder die Probezeit für das Tageskind so aussieht, dass die Mutter oder der Vater über Wochen hinweg nicht von der Seite des Kindes und damit auch nicht von der Seite der Tagesmutter weichen wollen. Es wird berichtet von Kindern, die mit 9 Jahren nur mit "Licht an" einschlafen können, oder gar nicht gelernt haben, alleine oder im eigenen Bett zu schlafen; von Kindern, die gar keine "Zubettgehzeit" kennen, sondern irgendwann im Wohnzimmer auf dem Teppich liegen, weil sie vor einer halben Stunde noch behauptet haben (um 23.00) nicht müde zu sein. 

Diesem Teufelskreis

Schuldgefühl/Grenzenlosigkeit könnte man entgehen, wenn man sich verinnerlicht, was Grenzen für Kinder wirklich bedeuten ! Grenzen setzen heißt nicht, sinnlose Verbote erteilen ! Kinder können, und das wissen wir alle, laute, quengelnde, schimpfende, beißende kleine Quälgeister sein. Wenn es heißt: "zieht Eure Jacken an", fängt bestimmt eines ausgerechnet dann an, mit dem Ball zu spielen. Eine Pädagogin und ehemalige Tagesmutter schrieb zu diesem Thema: Kinder brauchen zu ihrer gesunden seelischen Entwicklung Mitmenschen, an denen sie sich reiben können, ein Gegenüber, auf das sie Bezug nehmen können. Im Leben bedeutet es immer wieder eine Herausforderung, sich entweder zu fügen, sich anzupassen, auf andere Rücksicht zu nehmen oder klar Position zu beziehen. "NEIN" sagen, einzustehen für eigene Ideen fällt im Erwachsenenalter viel schwerer, wenn man im Kleinkindalter nie erlebt hat, wie es sich anfühlt, sich durchzusetzen, sich zu widersetzen und trotzdem geliebt zu werden. Es ist sogar unmöglich für ein Kind, das es schafft durch Quengeln ein eben ausgesprochenes Verbot wieder aufzuheben, dieses Handeln nachzuvollziehen. Durch ein solches Verhalten vermitteln Eltern dem Kind, dass diese selbst es nicht wert sind, dass auf deren Willen geachtet wird und man ihnen mit Respekt gegenübertreten soll. Für das Kind gibt es nur eine Schlußfolgerung, dass es auch anderen Menschen keinen Respekt entgegenbringen muss. Grenzen geben dem Kind Halt und Orientierung. Kinder wollen, dass wir ihnen sagen und zeigen wo es langgeht und was wir für richtig halten. Wir müssen eine eigene Meinung vertreten und berechenbar bleiben. Dabei kann sich ein ungutes Gefühl bei den Müttern einstellen - das Gefühl, das Kind zu unterdrücken und es mit seinem Recht auf seinen Willen nicht zu respektieren. Anlaß zu einem anderen Blickwinkel: Sage ich dem Kind, wo meine eigenen Grenzen liegen und die der Gesellschaft, zeige ich mich dem Kind als Persönlichkeit, die Respekt einfordert, Werte und Normen lebt; jemand dem andere Respekt entgegenbringen müssen und der selbst auch respektvoll mit anderen umgeht. So wird dem Kind ein faßbarer Rahmen geboten, indem es sich bewegen kann. 

Kinder, denen kaum Regeln bekannt sind,

schwimmen schutzlos in der Masse. Sie müssen sich zwangläufig auffällig verhalten, weil sie den fehlenden Rahmen suchen. Wenn Sie keinen Ärger bekommen, wenn sie anderen Kindern das Spielzeug wegnehmen, dann können sie auch mal ausprobieren, was passiert, wenn sie anderen Kindern so ganz neben bei mal eins überziehen. Kinder verlangen Aufmerksamkeit. Wenn Sie niemand beachtet, setzen sie alles in Bewegung, bis der Blick auf sie fällt. Kinder wollen testen, herausfinden: "Was passiert wenn....?" Sie brauchen Reaktionen auf ihre Taten: "Ist das richtig, was ich tue?", "werde ich gemocht?", "was darf ich - was darf ich nicht", "ist heute noch richtig, was gestern galt"? Das nervige dabei ist, dass wir es nicht nur 1 x sagen müssen, sondern 100 x. Kann man wirklich glauben, dass man einem Schulkind, das nicht alleine einschlafen kann, einen Gefallen getan hat. Es hat eben nicht gelernt, dass ihm nichts geschieht, wenn es alleine schläft. Haben wir dem Kind wirklich einen Gefallen getan, wenn es selbst abends merken soll, wann es müde wird und wir warten, bis es von alleine umfällt?

Und....die wenige freie Zeit, die den Müttern von heute mit ihren Kindern bleibt, sollten wir intensiv nutzen - das sag ich mir ehrlich auch jeden Tag!

so, das wars für heute; es grüßt (ziemlich müde)

Susanne Rowley

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