Wednesday, 1. June 2005

Autor: Susanne Rowley

Gesetzentwurf zur Kinderbetreuung

Es reißt nicht ab

liebe Wigwam-Freunde, 

  CDU-Gesetzentwurf - zur Kinderbetreuung

Leserbriefe zum Info-Brief Mai 2005 

Es reißt nicht ab, liebe Tagesfamilien und liebe Eltern.

Ich denke, dass uns das Thema noch einige Zeit beschäftigen wird. Hier eine der vielen Reaktionen auf meinen Mai-Brief, in dem ich ausführlich einen Gesetzentwurf der CDU-Landespartei beschrieb und kommentierte. Hier ein Schreiben einer sehr betroffenen "Wigwam-Mutter", das uns wieder deutlich vor Augen führt, dass es die so viel zitierten nicht relevanten Einzelfälle doch gibt - und das Politik, die nur Stückwerk ist, katastrophale Auswirkungen hat auf das private Leben von Familien - und dass wir das Augenmerk dafür längst verloren haben, weil wir im normalen Alltagsgetümmel keine Zeit mehr haben, wirklich hinzuschauen, uns zu wehren, aufzustehen und den Rechenfaktor "Mensch" wieder einzufordern. >> Hallo Frau Rowley, normalerweise bin ich ja ein sehr konstruktiver Mensch, aber wenn ich all das lese und aufnehme, was zum Kinderbetreuungsthema bzw. zum Thema Familie gebracht wird, habe ich Schwierigkeiten, konstruktiv zu bleiben, und ich nehme mir jetzt einfach die Zeit, um auch dazu zu schreiben. Wenn ich mir anschaue, was sich in den letzten Jahren (Jahrzehnten) getan hat, dann muss ich sagen, dass über Fortschritte gesprochen wird und Rückschritte gemacht werden. Über was reden wir eigentlich? Über Themen, die die Wähler gerne hören möchten?! Klammheimlich wird alles weggestrichen: Freibeträge gestrichen, Erziehungsgeld gestrichen, nur die Kosten gehen hoch. Wenn wir ehrlich sind und das ganze mal rückwirkend betrachten, können wir doch feststellen, dass wir uns grundsätzlich, was Familienpolitik, Steuererleichterung für Familien usw. anbelangt, wieder in der Steinzeit befinden. Ganzheitliche Betrachtung wird nicht stattfinden, weil nicht angesagt und der Wille zur schnellen Umsetzung fehlt auch, weil die Eltern sowieso den ganzen Tag damit beschäftigt sind, mit ihren Kindern auf einen grünen Zweig zu kommen; haben sie neben Berufstätigkeit und der Familie keine Zeit mehr, alle darauf aufmerksam zu machen, dass alles, was wir bisher hatten und gestrichen wurde, besser ist, als das was wir jetzt haben bzw. was wohl in Zukunft zu erwarten ist. Oder wie ist das zu verstehen, dass der Staat kein Problem hat, für Pflegefälle von "Großeltern", die in Wirklichkeit die Funktion nie ausgeführt haben, weil sie lieber durch die Welt gejettet sind, von Familien auch noch Gelder einzuziehen um deren Pflegeplätze zu finanzieren, obwohl Kinder erzogen werden, ohne dass ein Groß-Familienverband existiert und die Eltern keinerlei Unterstützung/Kontakt haben. Die vorangegangenen Diskussionen zur Schulpolitik wurden vor 20 Jahren identisch auch schon geführt und seitdem wurden weitere Mittel gekürzt. An den Unis wird über Verbesserung gesprochen und wenn gerade alle mal nicht hinschauen, werden Lehrmittel gekürzt. Familienpolitik wird seit Jahrzehnten immer dann hervorgezerrt, wenn es um die Wahlen geht - es wurde hinten rum an allem gekürzt, was die Familien mit unterstützt - so lange es keinen gibt, der diese Entwicklungen ganzheitlich untersucht und die Politiker insgesamt an ihren eigenen vergangenen Aussagen aufhängt, wird sich dort auch nichts tun. Alle Politiker sind mittlerweile Wendehälse - Es gibt keinen zu dem sich nicht genug Beispiele finden lassen. 

Jetzt einmal im Ernst: 

Ich würde gerne etwas tun, aber die Familie und das heutige Leben ist wirklich so ein Vollzeitjob (von der Politik gewollt - lasst den Mob schön strampeln, dann haben sie keine Zeit zu rebellieren), dass ich neben unserer Existenzsicherung, die sich garantiert die ganze Zeit unter den derzeitigen Rahmenbedingungen abspielen wird - keine Zeit bleibt, um dort einzusteigen - Leider ist keiner in der Lage aus einer Familie eine GmbH zu machen und bei Kinderstübchen habe ich es auch noch nicht gehört, da kann man sehen wie schnell das geht und wie Steuererleichterung kurzfristig funktionieren kann - Wenn man sich AG oder GmbH nennen darf/kann. Vielleicht sollten alle Eltern und Tagesmütter die Arbeitsämter mit Anträgen zur Ich-AG überziehen -- Vielleicht gilt das ja um einen erträglichen Satz zu bekommen und unter Schröders Gunst zu fallen - aber Familienpolitik und Familienunternehmen haben eins gemeinsam, sie fangen mit Familie.. an und das ist nicht angesagt und wird nicht angesagt sein. Es gab im Osten soweit mir viele Ostdeutsche (unter anderem mein Mann) berichtet haben, ein hervorragendes Kinderbetreuungssystem, welches mit den Tagesmüttern und Kinderstübchen ergänzt ein perfektes System abgeben würde - erprobt - aber der Überheblichkeitsfaktor der Westdeutschen Politik hat gesiegt, so dass man sich noch nicht mal die Mühe gemacht hat, die guten Sachen aus der DDR - rüberzuretten - die Frauen dort hatten nämlich keine Identitäts-/Berufsprobleme als Mütter und konnten sich auf das Netz verlassen - auch auf die bedarfsgerechte Flexibilität der Kinderbetreuung - das können wir bei Wigwam auch, aber ist es wirklich nur noch in Privatinitiative möglich? Ferner konnten sich die Kinder auch auf ein System verlassen, in dem auch berufliche Perspektiven und die Eignung und Neigung des Kindes früh verstärkt und gefördert wurde. Heute muss man sich das alles mühsam zusammensuchen.

  • Kinder bekommen die Medikamente nur noch bis 12 Jahre ganz bezahlt; dann enorme Zuzahlungen.
  • Erziehungsgeld-EK-Grenze um 50% gekappt zum zweiten Mal - gekappt. Vorher wurde der Zeitrahmen gekürzt
  • Selbständige haben keine Möglichkeit Erziehungsurlaub zu machen, weil ohne Arbeit kein Geld - wo ist der Staat hier, um Kleinstunternehmen, die mit Sicherheit nicht unerheblich zur Wirtschaft beitragen. (ganzheitlicher Ansatz) zu unterstützen
  • keine Haushaltshilfe während der Geburt und dem Wochenbett mehr, keine Milchpumpe bei Frühchen, keine Bezahlung der Rückbildungsgymnastik mehr.

Ich bin mir sicher,

dass wenn ich mir Zeit nehme und forsche in meinen Archiven, werden eine ganze Menge Dinge zu Tage treten, die wir hatten und die uns weggenommen wurden, bzw. Dinge, bei denen man eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht anstreben könnte, wegen dem Prinzip der Gleichbehandlung. Das musste ich jetzt einfach mal loswerden. Ich habe auch einfach nur laufen lassen. 

In 5 Wochen kommt mein 3. Kind,

und ich sehe, dass es dem Staat scheißegal ist, wie eine Selbständige ihre Probleme regelt. Es ist dem Staat aber auch egal gewesen als ich mein erstes Kind bekommen habe, da war ich noch angestellt und habe überlegt, wie lange ich wohl zu Hause bleiben kann, aber mehr als 8 Wochen (von denen träume ich heute) war nicht drin, weil man auch hierfür keinerlei Unterstützung vom Sozialamt bekommt, es sei denn, man legt eine EV ab, verkauft seine ganze Habe und fängt nach dem Erziehungsurlaub noch mal von vorne an bzw. noch weiter unten.

Jetzt geht es mir besser -

Ich bin sonst nicht so drauf und froh, dass ich überhaupt eine Einrichtung wie Wigwam gefunden habe, die sich so ernsthaft und professionell mit den Kindern beschäftigt, dass es mir, auch, wenn ich dafür auf einiges verzichten muss, aber dass muss man bei Kindern sowieso immer, wichtiger ist, dass meine Kinder sich wohlfühlen und gerne in die >Betreuung gehen und sich freuen, wie auf eine Familienbereicherung, die gleichzeitig den Horizont meiner Kinder erweitert und meinen auch. Wir haben nur unsere Familie, so dass uns diese Form der Betreuung für uns doppelt wichtig ist, weil sie der einzige doppelte Boden ist, den wir haben. Ich bin überglücklich, dass ich unter diesen Umständen entbinden kann und meine Kinder sich im Kinderstübchen "Kunterbunt" bei Ela so wohl fühlen, dass sie sich wie die Schneekönige auf die morgige Generalprobe freuen. Mit herzlichen Grüßen Marion Regelin  << Ich glaube nicht, dass dieser ausführliche Brief eines Kommentares Bedarf - weil er für sich selbst spricht.

Aber ich habe noch ein politisches Schmankerl für Sie parat,

dass uns wieder zeigt, wie ein Politiker fern ab von der Lebensrealität der Familien am Schreibtisch eine tolle Idee hatte. Ob er diese wohl zu Ende dachte? 

Neuer Gesetzentwurf der SPD zum Thema "Unterhalt"

- oder "geschickt eingefädelt" :-) 

Die Unterhaltsansprüche von Kindern sollen künftig Vorrang vor anderen Forderungen haben. Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) legte in Berlin einen entsprechenden Gesetzentwurf vor. Bislang standen die Ansprüche von Kindern mit denen von geschiedenen oder gegenwärtigen Ehegatten lediglich gleich. Hört sich irgendwie zunächst gut an :-) - aber wo ist der Haken? Wenn in Zukunft das Geld des Unterhaltspflichtigen nicht für alle Unterhaltsberechtigten ausreicht, sollen zunächst die Kinder die ihnen zustehende Summe voll erhalten. Erst danach würde Geld an die geschiedene Frau gezahlt werden müssen.

Haben Sie schonmal ein Kind gesehen, dass von "seinem" Unterhaltsgeld für seine allein Erziehende Mama einkaufen geht, weil die Mama keinen Ehegatten-Unterhalt bekommen hat? Oder haben allein Erziehende Mütter mit Kindern getrennte Kassen zu Hause?

Nein, Spaß beiseite -

verstehen Sie den Sinn? Ich habe alle mir zur Verfügung stehenden Gehirnwindungen gerade im Einsatz, aber es will mir nicht gelingen, einen Sinn zu erkennen. Also in der Realität sieht es dann so aus, dass der getrennte Vater nicht ausreichend verdient, um a) Unterhalt an die Mutter zu zahlen - und b) den Unterhalt fürs Kind. Bis dato war es doch dann so, dass die Jugenämter bezüglich des Kindesunterhaltes in Vorleistung traten, um dann den Kindsunterhalt beim Vater wieder einzufordern und die Mutter hatte den Ehegattenunterhalt und den Vorschuß vom Jugendamt zusammen in der Tasche. Geht der Entwurf durch, hat Sie nur noch den Kindesunterhalt - oder ? Sagt dieser Gesetzentwurf nicht im "Klartext" - jetzt ist der Staat fein raus, weil die Mutter den Kindesunterhalt vom getrennten Partner vorrangig erhält und beim Ehegatten-Unterhalt in die Röhre schaut, weil hier kein Amt Ersatz leistet ? * Geschickt eingefädelt, um den Staatsseckel zu füllen. Aber lesen wir mal weiter..... Gerichte sollen zudem die Unterhaltsansprüche Geschiedener eher befristen oder der Höhe nach begrenzen können. Nach bisheriger Rechtslage wird einem geschiedenen Ehegatten Arbeitsaufnahme nicht zugemutet, so lange das Kind nicht acht Jahre alt ist. Dies soll sich nun ändern: Familiengerichten soll mehr Flexibilität bei der Bemessung des so genannten Betreuungsunterhalts eingeräumt werden. Insbesondere geschiedene Frauen würden dann eher gezwungen werden können, sich eine Beschäftigung zu suchen. 

Die "faulen Frauen" sollen also gefälligst was arbeiten.

Arbeit gibt's ja wohl genug derzeit in Deutschland ;-). Es wird jetzt also individuell entschieden, welche Frau wie lange was bekommt. Da wünsche ich den Anwälten und Richtern gutes Sitzfleisch ! Fein, dann brauchen wir ja u.a. noch mehr Kinderbetreuungsstätten, die der Staat nicht finanzieren kann...Am meisten fasziniert mich ja die Reihenfolge der Beschlussvorlagen.

  • Erst drehen wir den allein Erziehenden den Geldhahn ab, dann
  • zwingen wir die Mamas auf den Arbeitsmarkt und erst danach
  • schauen wir, wo die mit Ihren Kids hinsollen, und...
  • wie sie das dann bezahlt - ist wurscht!

raffiniert :-) Dagegen soll die Stellung der nicht verheirateten Mütter verbessert werden. Insgesamt will Zypries auf die geänderte Lebenswirklichkeit von Familien in Deutschland reagieren. Die Zahl der Ehescheidungen ist in den letzten zehn Jahren um über 36 Prozent gestiegen. Außerdem seien immer mehr Mütter mit minderjährigen Kindern heute berufstätig.

Der letzte Absatz hier ist rekordverdächtig! Ja, die Lebenswirklichkeit von Familien hat sich verändert. Und jetzt machen wir uns daran, Sie in die Katastrophe zu führen? Ganz schlau ist die Bemerkung, dass die Zahl der Ehescheidungen stetig steigt - woran das wohl u.a. liegen könnte? Sicher daran, dass die Eltern so sorglos in den Tag hineinleben können in unserem Lande und Zeit und Muse haben, ihre Beziehungen zueinander zu pflegen, und so gar keine Geldsorgen haben - stimmts ? Den Satz, dass "immer mehr Mütter mit minderjährigen Kindern heute berufstätig seien" kommentier ich jetzt nicht - weil da fällt mir nix mehr zu ein - Sorry ! Aber vielleicht hab ich auch all das falsch verstanden und wir können diesen Entwurf als gut gemeinte Forderung nach: "mehr Selbstverantwortung für Frauen in unserem Lande" abheften.

Ich wünsch Ihnen was - liebe Eltern, liebe Tagesfamilien - und vor allem gute Nerven für die heutige und kommende Politik in unserem Lande!

Es grüßt herzlich
Susanne Rowley

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