Monday, 29. May 2023

Autor: Susanne Rowley

Gedanken zum tiefen Wunsch nach Verbundenheit & Zugehörigkeit

Von der Kraft der Verletzlichkeit, die zu Stärke führt

Liebe Wigwam - Freunde,  

meine heutigen Gedanken haben mit dem tiefen Wunsch nach „Zugehörigkeit“ zutun, die alle Menschen und Familien, die ich auf meiner langen Wigwam-Reise kennenlernen durfte, auf die ein oder andere Weise vereint. Auch mich hat das Thema Verbundenheit mit mir und anderen, sowohl beruflich als auch privat, schon immer bewegt.  

Alle Menschen, 

wünschen sich für sich und ihre Kinder das tiefe Empfinden von Verbundenheit. Das Gefühl im persönlichen Wesen und Sein vollkommen angenommen zu werden. Sei es in einer Gruppe oder Gemeinschaft, innerhalb der eigenen Familie oder auch vor sich selbst. 

Auf der Suche danach, 

was zu echter Verbundenheit zwischen Menschen führen oder aber selbige stören kann, begegneten mir wiederholt 2 Begriffe, die ich zunächst überhaupt nicht mit meinem gesuchten Thema in Zusammenhang bringen konnte. Es handelte sich um die Worte „Verletzlichkeit“ und „Scham“. Meine Neugier war jedoch geweckt, und ich stieß infolge auf eine Forscherin namens Brené Brown, Texas, USA. 

Vor ca. 20 Jahren hat sie sich auf den Weg gemacht, 

das Wesen der Verbundenheit zwischen Menschen genauer zu erforschen. Und weil sie eine Forscherin ist, die bereits als Doktorandin klar vor Augen geführt bekam, alles, was Du nicht messen kannst, existiert eben nicht, lag die Vorstellung nahe, sich der Sache dergestalt zu nähern, dass sie Menschen nach ihren Erfahrungen zum Thema intensiv befragte. Im Anschluss wollte sie Daten und Fakten zusammentragen, um die Früchte ihrer Arbeit genau belegen zu können. Vorrangig stieß sie in ihren Befragungen zunächst darauf, was Menschen daran hinderte, Verbundenheit und Zugehörigkeit mit sich und anderen zu empfinden. Es hinderte sie vorrangig die Scham, sich anderen Menschen so zu zeigen, wie sie wirklich sind. Oder es handelte sich um Versagensangst, die sie im Leben gar nicht erst losgehen ließ. 

Im Verlauf ihrer Tätigkeit 

fand sie jedoch auch Menschen, die Verbundenheit mit Leichtigkeit aus vollem Herzen lebten und fühlten. Und sie stellte fest, jene, die das geschafft hatten, empfanden es als selbstverständlich sich verletzlich zu zeigen. Sie nahmen, ohne darüber nachzudenken, das Risiko in Kauf auf vielen Ebenen auf blanke Ablehnung zu stoßen. Sie investierten in Beziehungen und Unternehmungen, ohne auch nur einen Hauch von Ahnung davon oder Interesse daran zu haben, ob das Vorhaben gelingen könnte. Der Ausgang des Unterfangens spielte für diese Menschen schlicht keine Rolle. Sie waren allesamt konzeptlos, agierten ohne Sicherheitsnetz und doppelten Boden, quasi vollkommen ergebnisoffen. Die Grundlage dieses Handelns lag einerseits in Mut sowie der inneren Sicherheit, das einfach wert zu sein. Und damit waren sie für eine gezielt Forschende, die nach strategisch fassbaren Parametern sucht, eine recht unsichere Klientel. 

Und dann geschah das,

was eine Forscherin, die auszog, um alles zu kategorisieren, zu nummerieren und strategisch einzuordnen ganz sicher nicht gebrauchen kann. Sie stellte fest, es wäre ihr schlicht nicht möglich, auf diese Weise ihrer Zielaufgabe nachzukommen. Sie war es gewohnt, Daten und Fakten so aufzubereiten, dass die Ergebnisse, die sie ans Tageslicht beförderte, für andere Menschen etwas Greifbares hervorbrachten, was sie in die Lage versetze, das ersehnte Ziel der Zugehörigkeit auch sicher anzusteuern. Das war so wie gedacht, aber unmöglich, denn alle Menschen, die Verbundenheit aus vollem Herzen lebten, dachten weder darüber nach, noch konnten sie von etwas berichten, was das Ergebnis der Verbundenheit sicher hervorbringen würde. 

Sie liefen vielmehr in den Augen der Forscherin sehenden Auges ins risikobehaftete Messer der Ablehnung mit offenem Ausgang. Sie taten es einfach. 

Die Erkenntnis der drohenden Nichterkenntnis, gepaart mit dem eigenen Standpunkt, sich selbst niemals verletzlich zeigen zu wollen, führte die Forscherin schließlich zum persönlichen Zusammenbruch, den sie heutzutage humorvoll als spirituelles Erwachen beschreibt. Sie begab sich selbst in Therapie, wo sie sich im Grunde als Gegenstand ihrer eigenen Forschungsinhalte wiederfand. Ihr eigener Weg hinaus aus der Scham und der damit einhergehenden Versagensangst führte sie in keiner Weise zu den klaren Strategien, die sie sich erhofft hatte, sondern auf anderen Wegen zu den gesuchten Ergebnissen, die sie heute in humorvollen Vorträgen der Öffentlichkeit präsentiert.  

Was für ein unglaublich beeindruckender Weg! 

Heute gehört sie zu den renommiertesten Forscherinnen, die Vorträge hält zu den übergreifenden Themen, Scham und der Kraft der Verletzlichkeit. Sie führt Menschen auf humorvolle Weise vor Augen, wie das Zeigen von Schwäche in Wahrheit zu innerer Stärke und damit zum Mut zur echten Verbundenheit mit sich und anderen führt. 

Meine persönliche Erkenntnis, die ich daraus mitgenommen habe: 

Die Themen Scham und Perfektionismus sind ein unheil-volles Gespann 

Scham 

zieht sich aus vielerlei Gründen von Kindesbeinen an durch viele Leben von Menschen. Sei es aufgrund von früher Traumata oder Erziehungsmustern, unter denen wir auf die eine oder andere Art groß geworden sind. Wir zeigen uns nicht, weil wir nicht vorhersagen können, ob wir auf Ablehnung oder Zustimmung treffen werden. Scham hat  etwas Toxisches, weil sie es versteht, sich jeder kognitiven Vernunft zu entziehen. Du weißt vom Kopf her, es gibt nichts zu schämen; Du trägst keine Schuld. Und dennoch macht sie sich zuweilen breit wie ein Geschwür. Sie verhindert das Zulassen von Verletzlichkeit; verhindert ein sich wahrhaft Zeigen. 

René Brown geht sogar so weit, dass sie den Unterschied zwischen Scham und Schuld im Kern so beschreibt:

Schuld kann meinen: Entschuldige, ich habe einen Fehler begangen. 

Scham greift zuweilen tiefer und signalisiert: Entschuldige, ich bin ein Fehler. 

Somit ist Scham etwas, was uns unweigerlich von anderen Menschen trennt. 

Der passende Gegenpol dazu 

kann nur der Perfektionismus sein, 

der darauf abzielt, ein Scheitern per se auszuschließen. Das Versagen gilt es zu vermeiden. Hält man sich vor Augen, dass Scheitern gleichbedeutend ist mit maximal empfundenem Kontrollverlust, den es zu verhindern gilt, um dabei nur ja nicht "gesehen" zu werden, wird der unheilvolle Zusammenhang zwischen beiden sofort deutlich. Nach einem maximalen Scheitern könnte man im Prinzip gar nicht anders, als sich zu zeigen, worauf die Macht der Scham nur gewartet hat.. 

PENG. 

Ein Mehr an doppelt abgesicherter Ohn-macht können Menschen sich kaum antun. 

Später schloss sich für mich der Erkenntnis-Kreis, als ich den Untertitel von Brené Browns Buch: 

- Die Gaben der Unvollkommenheit - 

las:


 Lass‘ los, was Du glaubst sein zu müssen, umarme was Du bist.


Gemeint ist das Aufgeben von Schutzmechanismen, um innerlich reich zu werden; infolge Verbundenheit mit sich selbst und anderen zu finden. 

Ich muss gerade an die Heerscharen von Coaches denken, die in Sachen „Selbstliebe“ im Internet unterwegs sind. Allein die Anzahl dieser Angebote zeigt, wie groß der Mangel ist. Sätze, wie: Du bist gut so, wie Du bist, reichen als Dauer-Mantra nicht aus. Auch an mir gingen solch' lapidare Sätze viele Jahre wirkungslos vorbei.   

Heutzutage habe ich zutiefst verinnerlicht:  

Zugehörigkeit kann nur entstehen, wenn sich Menschen in ihrer Unvollkommenheit auch wahrhaftig begegnen möchten.

Perfektionismus entfremdet uns von uns selbst.  

Scham verhindert Nähe zu anderen.

Beide zusammen schließen alle Türen hinter uns. 

Dahinter stehen sie also die nach Verbundenheit suchenden Menschen. Ohne Schlüssel. Mit sich allein.  

Das bringt mich abschließend auf den Gedanken, wie gehen wir mit unseren Kindern um. Was wäre dann unsere eigentliche Aufgabe als Eltern am Beginn eines jungen Lebens. Ihnen ein scheinbar perfektes Leben vorzuleben, das ihnen die verhängnisvoll hohe Messlatte schon in die Wiege legt, sicher nicht. Vielmehr müssten wir sie darin bestärken, dass das Leben Herausforderungen für sie bereithalten wird, die sie unter Umständen nicht alle bestehen werden und auch nicht müssen. 

Dabei müssten wir ihnen jedoch immer versichern: 

Egal, was Du tust. Du bist genug.   

Ich empfehle aus tiefstem Herzen 

2 wunderbare Vorträge dieser Forscherin, die beide zum Ziel haben, zu erkennen, welche Stärke im Zeigen von Schwäche steckt. 

Zugehörigkeit und Verbundenheit kann man weder suchen noch finden. Sie ist vielmehr das natürliche Geschenk, dass wir bekommen, wenn wir uns jenen Menschen gegenüber öffnen, die uns wichtig sind.. 

Mein Weg wird jetzt also auch ein eher unvollkommener sein dürfen.. 

Puh. An diesem schönen Knochen werde ich mit großer Freude in nächster Zeit weiterkauen.

Hier geht’s zu den Vorträgen, die thematisch aufeinander aufbauen:

(Untertitel auf Deutsch sind einschaltbar)

Vortrag 1

„Die Macht der Verletzlichkeit“ 

Vortrag 2

„Auf Scham hören“

Schauen Sie in beide Vorträge nacheinander hinein. Sie werden Ihre helle Freude daran haben, und ganz sicher den köstlichen Humor der Vortragenden rundum genießen. 

In diesem Sinne grüßt herzlich zu Pfingsten

Ihre Susanne Rowley

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