Tuesday, 10. September 2013

Autor: Susanne Rowley

Die Warteliste ist weiblich und daher ein intensives Innenleben

Henne oder Ei: Kein Job kein Betreuungsplatz und umgekehrt.


Unsere Themen 

1. Die „Warteliste“- Henne oder Ei: Kein Job kein Betreuungsplatz 

2. Kita-Ausbau nicht um jeden Preis – Interview Prof. Dr. Stefan Sell 

1. "DIE WARTELISTE" ist weiblich und hat von daher ein intensives Innenleben. Und wer von uns kennt sie nicht.

Warten kann auch mal ganz spannend sein:

wir warten aufs Christkind, auf die Geburt eines Kindes, auf ein tolles Event, oder den Ritter auf dem weißen Pferd. Mal zu warten, kann u.U. sogar ganz angemessen und hilfreich sein, wenn die verstreichende Zeit z.B. dazu beiträgt, sich über wichtige Dinge klar zu werden. Warten kann aber auch äußerst schädlich sein, und zwar nicht nur für den der wartet, sondern auch für andere, die man gleichsam mit zum Warten verdonnern möchte.

Beim Thema Vereinbarkeit von Familie und Beruf

wirkt sich Warten manchmal ganz vielschichtig aus, und hat eben nicht „nur“ zur Folge, dass wir den Platz in einer Kita „noch nicht“ besetzen und dem Arbeitgeber von daher keinen klaren Einstiegstermin nennen können. Wer hat noch nicht davon gehört: die berühmte „Henne oder Ei“ Situation: Kein Job kein Kinderbetreuungsplatz / Kein Kinderbetreuungsplatz kein Job. Diese Situation hat Wigwam schon in den 90igern erkannt, und wir steuern mit massiver innovativer Aufbauarbeit dagegen und halten Eltern, die zu uns kommen, dazu an, aktiv mitzumachen, das Zepter wieder selbst in die Hand zu nehmen, und sich aus der von außen aufgezwungenen Ohnmacht des Wartens zu befreien.

Das ist nicht immer eine keine leichte Aufgabe,

denn viele Menschen sind es nicht nur gewohnt, zu warten, sondern bestehen darauf, zu bekommen, was ihnen zusteht, selbst dann, wenn es nicht planbar zu haben ist. Und diese Haltung kann sich wiederum auf diejenigen auswirken, die beschlossen haben, eben nicht mehr zu warten und ihr Fortkommen in die eigenen Hände zu nehmen.

Kennen Sie Domino-Steine?

Sie stoßen ein Steinchen an und alle anderen fallen mit um? Dieser Effekt wäre der wahre Hintergrund, den ich dem folgenden Artikel zugrunde legen würde. Denn hintergründig geht es um die Haltung bzw. den Umgang mit Umständen – in diesem Falle der Warteliste – die von kommunaler Seite nun mal nicht angepackt werden und somit von uns nicht zu beeinflussen sind. Aber wie schafft man es dann, dennoch an sein oberstes Ziel zu kommen? Eigentlich gar nicht so schwer:

Ich definiere zunächst das Ziel,

gehe die derzeit gangbaren Wege dahin der Reihe nach durch und entscheide, ob mein Ziel oder aber der Weg dahin korrigiert werden müssen. Vordergründig reden wir heute über die un-selige Konkurrenz zwischen der Kinderbetreuung in Einrichtungen – also der sogenannten Kita – und der Kindertagespflege – also der Tagesmutter/-familie, die in ihrem Schatten steht. Im Schatten steht sie aus verschiedenen Gründen – zum einen, weil sie sich zeitweise selbst nicht in die Sonne wagt, und natürlich auch noch immer zu leiden hat unter Vorurteilen, die ihr nicht gebühren; letzteres soll heute aber nicht mein Thema sein – sondern nur als Schauplatz dazu dienen, Zusammenhänge meines eigentlichen Themas aufzuzeigen.

Hierzu meine kleine Geschichte:

Es geht um Familie Mutterglück mit Oskar,

die bei Wigwam keine Aufnahme gefunden haben, stellvertretend für Eltern, wie ich sie in den letzten 20 Jahren vielfach so oder ähnlich kennen gelernt habe. Frau Mütterglück mit Oskar, möchte in ihren Beruf wieder einsteigen und hat berechtigte Sorge hat, keinen (guten) Betreuungsplatz für ihren Oskar zu finden. Sie ist es gewohnt, die Dinge für sich und ihre Familie selbst in die Hand zu nehmen, und hat alle ihr zur Verfügung stehenden und bekannten Hebel gedrückt und 1 Oskar in 10 verschiedenen Einrichtungen auf die Warteliste gesetzt; rein rechnerisch gibt es also 10 Oskars, die allesamt einen Betreuungsplatz beanspruchen. Sie kommt von „auswärts“ aus einer weiter entfernten Stadt, muss also für ihren Wiedereinstieg in den Beruf so einiges stemmen, einen Umzug in Kauf nehmen, sich samt Familie in eine neue Umgebung einleben, ihrem Arbeitgeber pünktlich gerecht werden! Das alles geht nur, wenn sie Oskar in guten Händen weiß. Sie ist es nicht gewohnt, Dinge aus der Hand zu geben und möchte bei ihren Lebens- und Berufsplanungen nicht in der Luft hängen. Zu allem Überfluss zieht sie von einem subjektiv empfundenen Kinderbetreuungsparadies, in einem anderen Bundesland gelegen, hin in ein Kinderbetreuungsnotstandsgebiet – was eine ungeheure Umstellung für die Familie bedeutet, und einem schon mächtig Angst machen kann. Allein diese Tatsache macht es besonders notwendig, Prioritäten der Eltern bei der Betreuungsplatzwahl klar zu ermitteln, und wenn das nicht möglich ist, Bedingungen zu schaffen, die das Erkennen dieser Prioritäten möglich macht. Im Erstberatungsgespräch sitzt man also einer top informierten Mutter gegenüber, die gegen alle Widrigkeiten des Berufs- und Familienlebens gewappnet ist, klare Vorstellungen hat und diese auch formulieren kann.

Sie will einen Kitaplatz, nichts sonst!

Denn nur in einer Einrichtung, glaubt sie, werden ihre hohen Anforderungen an die Erziehung und Fürsorge ihres Kindes auf jeden Fall erfüllt. Sie hat alles gelesen, was es zu lesen gilt, um eine gute Mutter zu sein. Sie weiß, wann Babys weinen, kennt alle Gründe für Bauchweh jeglicher Art, wann ihr Kind Nähe braucht, und wann es sich überfordert fühlt. Sie hat sich informiert, wie viel Geschrei in welchem Alter normal ist und ab wann es bedenklich wird. Verschiedene Nahrungsmittel hat sie bereits aus dem Speiseplan gestrichen, vorsorglich, weil der Vater bereits entsprechende Allergien mitbringt. Verschiedene Kurse hat Frau Mutterglück auch belegt – sie weiß, wie die ersten Zähnchen richtig gepflegt werden, ob man heruntergefallene Schnuller sterilisiert oder nicht, und ab wann der erste Brei verabreicht werden darf. Und völlig neu auch für mich – man kann sich bereits über ADHS Störungen einlesen, bevor das Kind auf der Welt ist. Dies alles verknüpft sie nur und ausschließlich mit einer staatlichen Einrichtung, denn hier betreuen gelernte Erzieherinnen unter der gebotenen Aufsicht; es wird ein nachvollziehbares Programm geboten, das Bildung sicherstellt und Gefahren ausschließt. Keinesfalls wünscht sie eine sogenannte „no name“ Betreuung (Tagespflege) – auch kein Waldorf – denn hier würde kein Leistungswille erzeugt, sondern nur „der Name getanzt“. Wenn es schon eine Tagesmutter sein „muss“, hätte sie gerne gewusst, wie diese engmaschig kontrolliert würde. Vorteilhaft an einer Tagesmutter fände sie nur, dass man hier evtl. besondere Wünsche an die Ernährung anbringen könne, die in einer Einrichtung nicht gehen.

Ich möchte nicht den Eindruck erwecken,

als ob ich mich über gut informierte Eltern und ihre erklärte Fürsorge für ihr Kind lustig mache; es geht um ein sehr verständliches Sicherheitsbedürfnis, das Eltern auf allen Ebenen zu erreichen und zu erhalten versuchen. Und ich kann all diese Gedanken nachvollziehen, bin ich doch selbst Mutter, die sich an die ersten Schritte in der Fremdbetreuung noch gut erinnert, und es macht mir heutzutage, da meine Kinder erwachsen sind, Freude zu erleben, wie Eltern nach anfänglich starker Zurückhaltung regelrecht auftauen, wenn sie eine Erziehungspartnerin an ihrer Seite gefunden haben, der sie Vertrauen schenken. Und doch frage ich mich in einer anderen Sekunde, wenn all diese Vorkehrungen zur Verringerung der Angst ums Kind dienen sollen, warum verdammt, wird sie dann nicht kleiner?

Ein kleiner Blick Richtung Oskar löst das Gefühl aus,

dass er irgendwie hart mit zu arbeiten hat, damit seine Eltern Sicherheit empfinden. Wo stehen wir jetzt: Richtig schwierig wird es dann, wenn partout nicht zu kriegen ist, was vehement verlangt bzw. womit es verknüpft wird; dann gilt es, sich zu öffnen für alternative Wege, die, wenn noch niemals beschritten, zumindest probehalber versucht werden sollten. Die Rede ist von Offenheit, von Vertrauensvorschüssen, die Raum geben für neue Erfahrungen, die man dann, zusammen mit den alten Erfahrungen, wieder neu bewerten kann. Wenn ein Berater aber mit allen dramatischen Informationen der letzten 1 ½ Jahre gepaart mit völliger Ablehnung sicherheitshalber nur deswegen versorgt wird, damit ihm kein Fehler bei der Vermittlungsarbeit unterläuft, und keine Bereitschaft für neue Wege zu bekommen ist, macht es in diesem Stadium keinen Sinn, den „Bescheidwisser“ zu geben, sondern anzuerkennen, dass die Mauer gegenüber Alternativen hochgezogen ist und steht! Was an Beratungsraum dann noch bleibt, ist, die sich erfahrungsgemäß ergebenden Konsequenzen aus den vehement vorgetragenen Anforderungen mit den realen Gegebenheiten abzugleichen und satt vorzutragen.

Um es kurz zu machen:

Der Versuch, auf die Eltern und ihre Bedürfnisse direkt „einzugehen“, durch das Angebot der Begleitung beim Lösen der Situation, die ein Betreten von Neuland erfordern würde durch reale Besuche in anderen "Betreuungsformen", in der sich die Eltern vielleicht doch wohl fühlen könnten und somit auch Oskar, scheitert. Die Bitte, offen und neugierig zu bleiben und neue Erfahrungen unverbindlich zu zulassen, wird nicht angenommen. Also zurück zu den nackten Tatsachen: Der ersehnte Kitaplatz ist nicht zu haben, die Wartelisten lang. Die noch unbekannten Kindertagespflegeplätze sind vorhanden und zugriffsbereit, werden aber un-besehen abgelehnt. Ergebnis: Es ist so kein Wiedereinstieg in den Beruf möglich. Jetzt liegt die absolute Priorität der Eltern nach überstandenem Umzug nicht mehr auf der "Qualität", sondern darauf, den Job pünktlich anzutreten „egal wie“! „Egal wie“ ist bei Wigwam nicht gut zu machen, also beschreibe ich jetzt zackig den „privaten Weg“ der Familie Mutterglück, den Sie nun über das Jugendamt und nicht mit Wigwam geht. Familie Mutterglück fährt zweigleisig. Sie verbleibt auf besagter Warteliste und bewirbt sich bei Kindertagespflegeplätzen des Jugendamtes um Aufnahme. Mit dem ernüchternden Ergebnis, dass sie 5 Familien anspricht, von denen 1 zeitlich nicht passt, 1 ihr überhaupt nicht sympathisch ist, und von 2 Tagesmüttern wird sie gar nicht erst eingeladen mit der Aussicht, dass der vergebene Tagespflegeplatz ad hock wieder verlassen wird. Daraufhin versucht sie, die verbleibende 1 Tagesmutter, die in einem Ort lebt, den sie gar nicht wollte, mit dem Argument zu überreden, dass sie glaube, ohnehin kaum eine Chance auf den Kitaplatz zu haben. Es gelingt ihr, das Herz der Tagesmutter zu erweichen, der Platz ist reserviert. Die Tagesmutter ihrerseits lehnt unterdessen andere Anfragen von Eltern ab, weil sie den Platz an Familie Mutterglück vergeben hat. Es vergehen viele viele Wochen… Es kommt, wie es kommen musste. Die Zusage auf den gewünschten Kitaplatz wird zeitnah zugesagt – noch etwas vage und nicht sofort, evtl. aber für 4 Monate später. Das teilt sie ihrer Tagesmutter sofort mit, die ihrerseits nun den Start der Betreuung komplett ablehnt, um sich um ein neues langfristig bleibendes Tageskind zu bemühen.

Das Ende vom Lied

war nun für beide Seiten unbefriedigend. Der Kitaplatz wurde real erst in 7 Monaten frei, Frau Mutterglück konnte den Job nicht antreten. Die Tagesmutter konnte über 4 Leerlaufmonate den Platz nicht neu besetzen, da andere Tageskinder in anderen Plätzen ungerkommen waren. Keine Entscheidung zu treffen, sondern auf alle Pferde gleichzeitig zu setzen, kann dazu führen, dass man am Ende zu Fuß unterwegs sein muss. Einen wichtigen Gedanken darf man nicht aus den Augen verlieren:

Wäre dies eine Wigwam-Pädagogin gewesen, die von ihrem Betreuungsangebot hätte leben müssen, so wäre deren Existenz gleich mitgefährdet worden.

Mein Ziel wird es also immer sein, wertvolle Kinderbetreuungsplätze vor dem „Aus“ zu bewahren,

damit ich sie schlussendlich suchenden Eltern auch anbieten kann. Eltern sollten an dieser Stelle überlegen, was es wirklich bedeutet, sich ernsthaft aus der lästigen „Ohnmacht“ durch Wartelisten zu befreien. Diese Befreiung ist nicht zu haben, indem man eine Scheinsicherheit eingeht, sondern kann nur mit der vollen Übernahme von Verantwortung einhergehen; Verantwortung für sich aber auch für die Seite, die ihnen zuarbeiten soll.

2. Kita-Ausbau nicht um jeden Preis / Prof. Dr. Stefan Sell auf der Messe Didacta über den eiligen Ausbau der Kitas und die Bindungsbedürfnisse unserer Allerkleinsten

Bitte geben Sie den Link in Ihren Brouwser ein. Herr Prof. Dr. Sell, Sozialwissenschaftler am Campus Remagen, beschäftigt sich intensiv mit der Kinderbetreuungslandschaft und plädiert seit vielen Jahren für die Kindertagespflege als bessere Betreuungsform für die Allerkleinsten und ihre intensiven Bindungsbedürfnisse!

www.youtube.com/watch

Ich hoffe, der Info-Brief war für Sie „lesenswert“ und informativ.

Wir sind offen für Kritik, neue Anregungen, Kommentare, oder einfach für das, was Sie an uns „loswerden“ möchten.

Liebe Grüße

Ihre Susanne Rowley

Wigwam 1994
Anerkannte Bildungseinrichtung
55583 Bad Kreuznach
06708 . 660636 . Mo – Do
info_at_wigwam.de

Termine nach Vereinbarung
Vereinbarkeitsberatung für (werdende) Eltern & Mitarbeiterfamilien in Kooperation Unternehmensbegleitung für PädagogInnen in professioneller Kindertagespflege

Vertragspartner in Kooperation
für Vereinbarkeit von Familie und Beruf
Bereich Forschung, Wissenschaft und Medizin
BioNTech SE Mainz
Universitätsmedizin Mainz