Friday, 1. November 2002
Das "Steuer Einmaleins" für Tagesfamilien.
Liebe Wigwam-Freunde,
heute stelle ich Ihnen die neuesten rechtlichen Steuergrundlagen vor, die für beide Seiten - für abgebende Eltern und für unsere Tagesmütter, von Belang sind. Bitte lesen Sie diese Infos aufmerksam, denn zum Teil werden dort ältere Infos, die wir Ihnen gegeben haben, abgelöst und ersetzt.
Das „Steuer-Einmaleins“ für Tagesfamilien
Viele Tagesmütter stehen vor der Frage, ob und wann sie ihre Vergütungen versteuern müssen. Der folgende Beitrag gibt die Antwort.
Privat oder in öffentlicher Mission?
Das Finanzamt qualifiziert die Leistungen als „sonstige selbständige Tätigkeit“ im Sinne von § 18 Absatz 1 Nummer 3 Einkommensteuergesetz (EstG). Deshalb müssen Tagesmütter ihren Gewinn oder Verlust auf der Rückseite der Anlage GSE zur Einkommenssteuer-Erklärung eintragen. Diese Verpflichtung gilt unabhängig davon, ob das Geld aus öffentlichen Kassen oder von privater Seite stammt.
Wichtig: Steuerlich macht es aber einen erheblichen Unterschied, von wem die Tagesmutter ihr Geld erhält. Stammt es aus öffentlichen Kassen, sind die Einnahmen steuerfrei. Wird die Tagesmutter von privater Seite bezahlt, muss sie die Einnahmen versteuern.
Vergütungen aus öffentlichen Kassen
Wer ein Pflegekind betreut und seine Vergütungen aus öffentlichen Kassen erhält (in der Regel vom Jugendamt), muss seine Einnahmen zwar erklären, aber nicht versteuern. (§ 3 Nummer 11 EstG). Dazu müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein.
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Die Pflege muss auf Dauer angelegt sein
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Die Tagesmutter darf höchstens fünf fremde Kinder betreuen
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Das Vertragsverhältnis muss mit dem Jugendamt oder einer anderen öffentlichen Einrichtung abgeschlossen werden.
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Die Vergütung muss aus einer öffentlichen Kasse stammen
Tipp: Wenn die leiblichen Eltern einen Teil der monatlichen Betreuungskosten an das Jugendamt bezahlen und das Jugendamt es an die Tagesmutter weiterleitet, stammt die Vergütung aus steuerlicher Sicht aus einer öffentlichen Kasse. Die Vergütungen bleiben steuerfrei. Sie unterliegen auch nicht dem Progressionsvorbehalt.
Wichtig: Die Steuerfreiheit hat einen (kleinen) Haken. Übersteigen die Ausgaben der Tagesmutter ihre Einnahmen, verpuffen diese ungenutzt. Ein Verlustabzug ist nicht möglich.
Von privater Seite gezahltes Pflegegeld
Schließt eine Tagesmutter mit den Eltern eines Kindes einen Betreuungsvertrag ab, sind sämtliche Einnahmen für diese Leistungen steuerpflichtig. Dazu rechnen nicht nur die Vergütungen für die Betreuung, sondern auch für Verpflegung, Körperpflege, Unterhaltung etc.
1. Kinderbetreuung inklusive Verköstigung
Da die Tagesmutter ihre Einnahmen versteuern muss, kann sie natürlich auch Ausgaben als Betriebsausgaben abziehen, die im Zusammenhang mit der Betreuung eines Kindes entstanden sind. Dabei wird es kompliziert. Denn wer weiß schon, wie viel für die jeweilige Mahlzeit auf das Pflegekind entfallen sind oder in welchem Umfang Kosten für Wasser, Körperpflege oder Getränke als Betriebsausgaben anzusetzen wären.
Tipp: Weil das auch der Fiskus erkannt hat, akzeptiert er ohne Nachweis Betriebsausgabenpauschalen. Diese sind nach Dauer und Intensität der Pflege gestaffelt.
(Oberfinanzdirektion (OFD) Hannover, Verfügung vom 22.03.93, Az: S2213-8-StH222/S2113-23-SrO 223, DStR 19993, 1370). Für 2002 gilt Folgendes:
Betriebsausgaben-Pauschale bei Vollverköstigung
Umfang der Betreuung | Pauschbetrag je Kind und Monat |
Vollzeit-/Dauerpflege | 383,47 € |
Wochenpflege (6 Tage) | 327,23 |
Wochenpflege (5 Tage) | 296,55 |
Tagespflege (über 6 Stunden) | 245,42 |
Teilzeitpflege (4-6 Stunden) | 230,08 |
Teilzeitpflege (bis 4 Stunden) | 178,95 |
Wichtig: Werden erziehungsschwierige oder behinderte Pflegkinder im Rahmen einer Vollzeitpflege betreut, erhöht sich der Pauschbetrag auf 460,16 € pro Monat.
Tipp: Der Ansatz der Pauschale ist kein „Muss“. Sie können höhere Ausgaben auch einzeln nachweisen. Hier müssen Sie dem Finanzamt aber akribische Aufzeichnungen über jeden für das Pflegekind ausgegebenen Cent vorlegen.
Im OFD-Schreiben findet sich kein Hinweis, dass Sie Ihren Gewinn für ein Jahr nur nach den tatsächlichen Kosten oder nur nach der Pauschalmethode ermitteln müssen. Ein Methoden-Wechsel müsste also möglich sein. In Monaten, in denen Ihnen höhere Kosten als die Pauschalen entstanden sind, sollten Sie diese einzeln nachweisen.
2. Kinderbetreuung ohne nennenswerte Kosten
Schließen Eltern vertraglich die Verköstigung ihres Kindes während der Betreuung aus, fallen bei der Tagesmuter kaum Ausgaben an. Finanzbeamte werfen deshalb gerne einen Blick in die Verträge. Entstehen nur geringfügige Kosten, mindern sich die pauschal abziehbaren Betriebsausgaben wir folgt:
Pauschale ohne Verköstigung
Umfang der Betreuung | Pauschbetrag je Kind und Monat |
Vollzeit-/Wochenpflege | 76,69 € |
Teilzeitpflege (4-6 Stunden) | 60,13 |
Teilzeitpflege (bis 4 Stunden) | 46,02 |
Tipp: Natürlich gilt auch in diesem Fall, dass nachgewiesene höhere Kosten vom Fiskus als Betriebsausgaben akzeptiert werden.
Wenn die Ausgaben überwiegen
Tagesmütter, die höhere Aufwendungen als Einnahmen aufweisen, werden kritisch beäugt. Dauert die Verlustphase länger als sieben oder acht Jahre und besteht wenig Aussicht auf künftige Gewinne, stuft das Finanzamt die Betätigung als „Liebhaberei“ ein.
Die Folge: Verluste dürfen nicht mehr steuermindernd berücksichtigt werden. Oft geht das Finanzamt bei der Streichung dieser Verluste sogar Jahre zurück. Ob Ihnen die rückwirkende Streichung droht, erfahren Sie, wenn Sie einen Blick auf die letzten Steuerbescheide werfen. Steht dort „dieser Bescheid ergeht nach §165 AO vorläufig“ und im Kleingedruckten am Ende des Bescheids „dieser Bescheid ergeht wegen der Frage der Einkunftserzielungsabsicht aus der Tätigkeit als Tagesmutter vorläufig“, droht bei anhaltenden Verlusten Unheil.
So machen die Eltern ihre Kosten geltend
1. Gehaltsextras
Ist das Kind noch nicht älter als 6 Jahre, bzw. noch nicht schulreif, können Eltern mit ihrem Chef vereinbaren, dass dieser neben ihrem Gehalt zusätzlich die Kosten für die Tagesmutter übernimmt.
Der Clou dabei: Für dieses Gehaltsextra fallen weder Lohnsteuer noch Sozialabgaben an (§ 3 Nummer 33 EstG).
Voraussetzung: die Betreuung muss außerhalb der elterlichen Wohnung stattfinden.
2. Ansatz von Kinderbetreuungskosten
Variante Nummer zwei ist der Ansatz von Kinderbetreuungskosten nach § 33c EstG. Dieser Paragraf ist zum 01. Januar 2002 neu geregelt worden. Danach dürfen verheiratete Eltern Kinderbetreuungskosten bis max. 1.500 € - Ledige 750 € - steuermindernd geltend machen. Zuvor müssen sie aber erst einmal 1.548 € - Ledige 774 € - aus eigener Tasche finanziert haben (Selbstbehalt).
Den Höchstbetrag von 1.500 € können Eltern also nur ausschöpfen, wenn sie für die Betreuung eines Kindes im Jahr 3.048 € ausgeben. Diesen Bonus gibt es nur, solange der betreute Sprössling das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Weitere Voraussetzung ist, dass beide Eltern Erwerbseinkünfte beziehen.
*Auszug aus Wiso-Brief 10/2002
Es grüßt herzlich
Susanne Rowley