Friday, 16. January 2015

Autor: Susanne Rowley

Ausgehebeltes Wunsch & Wahlrecht & andere Merkwürdigkeiten

Neue Kindertagespflegesatzung der Stadt Mainz



www.mainz.de/C1256D6E003D3E93/files/Amtsblatt02-15.pdf/%24FILE/Amtsblatt02-15.pdf

Hallo liebe Tagesmütter und -väter unserer Landeshauptstadt.

Die neue Satzung der Stadt Mainz ist nun öffentlich, und wer sie noch nicht kennt, kann unter dem o.g. Link vorab einmal ins Amtsblatt hineinschauen; ab Seite 10 wird man fündig.

Auch für Tagesmütter und -väter aus anderen Regionen und Kommunen lohnt sich vergleichsweise ein Blick auf diese Satzung. Neben der im Vergleich zu anderen Kommunen relativ guten Förderleistung (4,50 € + 0,50 € für Sachleistungen) und der bereits vorher geltenden Elternbeitragsfreiheit für Kinder ab dem 2. Geburtstag, stellen wir leider auch Verschlechterungen und unveränderte, wenig vorteilhafte Regelungen fest.

So erhalten entgegen den Empfehlungen des Bundesfamilienministeriums, Tagespflegepersonen mit einer Fachausbildung (Sozialpädagogen/Erzieher) eine wesentlich geringere Geldleistung, wenn die Qualifikation nicht mit vollen 160 Stunden bereits abgeschlossen ist. Im Vergleich zu Tagesmüttern und -vätern, die ohne Ausbildung und nur mit der 160 Stunden-Qualifikation ins Rennen gehen, halte ich das für völlig unverständlich.

Ebenso lesen wir, dass Eltern, die ihr Kind weniger als 10 Stunden in der Woche betreuen lassen möchten, keine Förderung mehr erhalten. Liegt man als Eltern direkt an dieser Grenze müssen sich die Betreuungszeiten dann noch auf 2 Betreuungstage aufteilen. Diese Anspruchsvoraussetzung erlischt nur dann, wenn diese Untergrenze durch eine Kita-ergänzende Tagespflege entstanden ist.

Unser Kommentar: Das ist absolut sinnfrei und praxisfremd!

Weiterhin enthalten ist auch der kritische Passus zum Wunsch- und Wahlrecht von Eltern. Auch in dieser Satzung findet sich die versuchte Einschränkung, die wir allerdings in unseren Reihen nicht zulassen würden, und bislang wurde auch bei Wigwam-Eltern nie der Versuch unternommen:

Zitat:

>> Für Kinder im Alter ab 2 J. bis zum Schuleintritt sind vorrangig wohnortnahe Plätze in Kindertagesstätten anzubieten. Wenn die notwendigen Betreuungszeiten von Kindertagesstätten nicht abgedeckt werden können, kann Kindertagespflege ergänzend hinzutreten. Hierzu erfolgt eine Einzelfallprüfung.  <<

Dieser Passus produziert nicht nur Randzeiten, die Eltern und Kinder entsprechend belasten, und bietet zudem einer Betreuungsperson keinen Anreiz diese Aufgabe zu übernehmen, sondern verletzt auch

das Wunsch- und Wahlrecht der Eltern,

das der Gesetzgeber in:

Den Wert der Gleichrangigkeit sieht man weiterhin untermauert in

Über das rheinland-pfälzische Treten gegen das Wunsch- und Wahlrecht regt sich sogar Hamburg auf.

Ich empfehle hierzu den Blogbeitrag von Antje Radloff von Kindertagespflege Deutschland:

  • https://ktpdeutschland.wordpress.com/2015/01/05/getreu-dem-motto-wir-pfeifen-auf-die-gleichrangigkeit/

>>   Die in dieser Vorschrift normierte Gleichwertigkeit der Förderung in einer Tageseinrichtung und in Kindertagespflege spricht im Gegenteil gerade für die uneingeschränkte Geltung des Wunsch- und Wahlrechts. Denn hätte der Gesetzgeber die Wahl zwischen den beiden Betreuungsformen einschränken wollen, so hätte es nahegelegen, ein Vorrang-/Nachrangverhältnis zwischen beiden Leistungsarten zu regeln. Auch die oben bereits zitierte Gesetzesbegründung, wonach der Rechtsanspruch entsprechend den Wünschen bzw. Bedürfnissen des Kindes und der Eltern sowohl in Tageseinrichtungen als auch in der Tagespflege erfüllt wird (Hervorhebung durch den Senat), zeigt, dass der Gesetzgeber bei der Schaffung des Anspruchs nach § 24 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII eine Beschränkung des Wunsch- und Wahlrechts nicht bezweckt hat.   <<

 

Obwohl wir uns für Eltern über die Elternbeitragsfreiheit ab dem 2. Geburtstag freuen, zeigt die Kombination aus beiden Regelungen die einseitige Zielsetzung der Kommune deutlich auf. Ist ein Kita-Platz vorhanden, kann die Tagesmutter bleiben, wo der Pfeffer wächst. Ist kein Kitaplatz da, soll durch die Beitragsfreiheit eine Klage um einen solchen möglichst verhindert werden. Es ist mir völlig unverständlich, wie man mit einem Berufsstand so umgehen kann. Der Mohr darf kommen - der Mohr muss gehen.Weiterhin erschließt sich mir nicht, was daran kindgerecht sein soll.

Lobend anzuerkennen, ist die Neuerung, dass erstmals vorübergehende Fehlzeiten eines Tageskindes an bis zu 10 Betreuungstagen im Jahr durchgängig weiter gefördert werden. Voraussetzung dafür ist eine "Betreuungsbereitschaft" der Tagesmutter/-vater. Dies lässt sich wunderbar einarbeiten in unsere Wigwam-Pauschalen, die grundsätzlich für Urlaube der Eltern und Krankheiten des Tageskindes ein elterliches Fehlzeitenkontingent rechnerisch enthalten, so dass unseren Wigwam-Tagesmüttern und -vätern keine Einbuße entsteht. (Als Zusatzinformation für Neuankömmlinge auf dieser Seite: Wigwam-Eltern treten pauschal in Vorleistung gegenüber der Wigwam-Tagesmutter/-vater; die lfd. Geldleistung erstatten diese nach Eingang den Eltern zurück). Wigwam-Elterrn tragen so Verantwortung für den Erhalt der hochwertigen Wigwam-Betreuungsplätze, die wir für sie planerisch im Vorfeld aufgebaut haben. Und nur so sind wertvolle Betreuungsressourcen existenzsichernd zu erhalten, und Eltern aus der Ohnmacht, ihr berufliches Leben aufgrund von kommunalen Wartelisten nicht planen zu können, befreit.

Dass dieses von kommunaler Seite oft kritisierte Umkehrsystem von Wigwam auf einmal doch ein aus städtischer Sicht gangbarer Weg ist, zeigt ein völlig neuer Passus unter § 2 Absatz 5. Hier regelt die Satzung das Model der Festanstellung in Unternehmen und verfügt gar, dass nicht nur die lfd. Geldleistungen an den Betrieb abgetreten werden muss, sondern auch alle sonstigen Erstattungsleistungen, die sie durch das Amt erhält.

Tja, viele gute Ideen hatten wir einfach immer zuerst ;-). Das gilt auch für die in der Satzung festgeschriebene Erwartung an eine pädagogische Konzeption. Bleibt zu hoffen, dass diese auch wirklich mal authentisch sind und mehr enthalten als: Wir spielen, singen, tanzen und hüpfen. Derartig immer gleich lautende und nichts sagende "Hausaufgaben" werden ständig aus Schulungen dieser und anderer Kommunen herausgetragen. Das erste, was wir damit machen: Wegwerfen!

Ein bisschen schmunzeln musste ich bei Passagen, die eher den Versuch unternehmen, sich müde zu regeln, und für eine gute Tagespflegeperson ohnehin selbstverständlich sein sollten. Dazu gehört lt. Satzung, dass 1 Entwicklungsgespräch pro Jahr mit Eltern geführt werden soll, und dieses sei zu dokumentieren. Hierzu solle dann auch im Vorfeld ein Kurs belegt werden. Also liebe Verantwortliche: Ich weiß zwar nicht, was dies in einer kommunalen Satzung zu suchen hat, aber es muss heißen: EntwicklungsgesprächE! Denn eine hochqualifizierte Betreuungsperson bietet diese fortlaufend und zusätzlich nach individuellem Bedarf an.

Ja, sie ist wirklich sehr ausführlich diese Satzung. Sie spart auch nicht an Empfehlungen, was alles gut für's Kind ist. So wird die Herangehensweise an eine Eingewöhnung beschrieben, und Eltern wird dringend geraten, während der Eingewöhnungsphase keinen Verpflichtungen und auch keinem Arbeitsverhältnis nachzugehen.

Also ich muss schon sagen: Neben der Tatsache, dass eine gute Pädagogin/Pädagoge sicher als letztes nach Eingewöhnungstipps in einer Satzung sucht (ich frage mich gerade, ob ein Jurist dieses Papier überhaupt in Händene hatte wink emoticon ), würde das Anliegen, doch bitte nicht zu arbeiten, im Umkehrschluss bedeuten, dass zeitlich absolut PASSEND zum Bedarf auch Kindertagespflegeplätze von kommunaler Seite parat stehen müssten.

Aber Papier ist ja gedudig - die Praxis und das reale Leben von Familien begleiten wir dann.

Wenn Sie Fragen hierzu haben, gerne.

liebe Grüße Susanne Rowley

Wigwam 1994
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