Wednesday, 4. January 2017

Autor: Susanne Rowley

Rheinland Pfälzer Rechtsexperte äußert sich zum Zuzahlungsverbot NRW

Sie alle kennen die unterschiedlichsten Urteile zu o.g. Themenkomplex.

 

Rheinland Pfalz ist nicht davon betroffen; was uns jedoch nicht davon abgehalten hat, einen Rechtsexperten, Lukas Oehl, um eine Einschätzung zu bitten.

Nachfolgend berichte ich Ihnen zusammenfassend von der Auffassung dieses Experten:

Gegenstand meiner Befragung war explizit die Überprüfung der Rechtmäßigkeit eines so genannten Zuzahlungsverbotes im Rahmen der Erhebung eines eigenen Kostenbeitrags durch eine Tagespflegeperson, welche neben der öffentlich-rechtlichen Kostenbeteiligung des kommunalen Trägers besteht.

Zum besseren Verständnis für meine LeserInnen hier eine kurze Einlassung in die gesetzliche Systematik:

Wie Sie alle wissen, hat ein Kind zwischen dem vollendeten ersten Lebensjahr und dem vollendeten dritten Lebensjahr einen Anspruch auf einen Betreuungsplatz. Dies ergibt sich aus § 24 Abs. 2 SGB VIII. Ein zumutbarer bedarfsgerechter Betreuungsplatz kann neben einem Kita-Platz auch die Betreuung bei einer Tagespflegeperson sein. Kommt der zuständige kommunale Träger diesem Rechtsanspruch nicht nach, so gilt im Falle der Selbstbeschaffung eines Betreuungsplatzes § 36a Abs. 3 SGB VIII, dass unter den dort genannten weiteren Voraussetzungen eine entsprechende Kostenübernahme durch den kommunalen Träger erfolgt.

In Frage stand nun, ob ein Kostenbeitrag durch eine Tagespflegeperson von den Eltern neben der öffentlich-rechtlichen Kostenbeteiligung rechtmäßig sein kann.

In der Praxis ist es so, dass bei einem gegebenen Anspruch auf Kindertagespflege das Jugendamt direkt an die Pflegeperson zahlt, gem. § 23 Abs. 2 SGB VIII, und die Eltern hierbei über § 90 SGB VIII beteiligt werden.

Über die Frage, ob die Betreuungsperson ein weiteres, privates Betreuungsgeld von den Eltern verlangen kann, schweigt das Gesetz.

Hinsichtlich der Vergütung der Betreuungsperson legt das Jugendamt nach gegebener gesetzlicher Regelung eine nach § 23 Abs. 2 SGB VIII angemessene Vergütung fest. In den Bundesländern Nordrhein-Westfalen und Hessen gab es zuletzt Bestrebungen dahingehend, darüberhinausgehende Zahlungen an die Betreuungsperson zu unterbinden. So wurde als Anknüpfungspunkt die Förderung der Kindertagespflege nach § 23 SGB VIII gewählt und hieran anschließend weitere Kostenbeiträge der Eltern an die Tagespflegeperson ausgeschlossen.

Die diesbezügliche Regelung wurde z.B. in Nordrhein-Westfalen innerhalb des § 23 Abs. 1 Satz 3 des Kinderbildungsgesetzes Nordrhein-Westfalen auch verankert.

Es bestehen jedoch nach Auffassung unseres Experten diesbezüglich nicht unerhebliche verfassungsrechtliche Bedenken.

Zunächst könnte in der Schaffung einer landesgesetzlichen Regelung ein Verstoß gegen vorrangiges Bundesrecht, also ein Verstoß gegen Art. 31 GG vorliegen.

Dies wird in der diskutierten Literatur damit begründet, dass der Bundesgesetzgeber von seiner Gesetzgebungskompetenz im Bereich der hier gegebenen konkurrierenden Gesetzgebung bereits Gebrauch gemacht hat und insoweit dem Landesgesetzgeber die Gesetzgebungskompetenz versagt ist.

Insoweit werden die Regelungen des SGB VIII so verstanden, dass der darin befindliche Landesvorbehalt lediglich für die inhaltliche Ausgestaltung der Förderung, nicht jedoch für die Frage der Begründetheit einer Förderung beschränkt ist.

Darüber hinaus wird allgemein im Rahmen einer solchen Regelung ein Verstoß gegen die Berufsausübungsfreiheit, mithin ein Verstoß gegen Art. 12 GG erkannt.

Die Schaffung eines derartigen Gesetzes mit dem Inhalt eines Zuzahlungsverbotes stellt letztlich eine faktische Vergütungsbeschränkung für Tagespflegepersonal dar.

Wichtig:

Besonders zu berücksichtigen sind Regelungen, welche über eine kommunale Satzung erfolgen.

Derartige Regelungen wären nach diesseitigem Dafürhalten ohnehin verfassungswidrig, da hierin ein Verstoß gegen den grundgesetzlich immanenten Gesetzesvorbehalt läge, welcher ein formales Gesetz für eine Grundrechtsbeschränkung verlangt.

Im Übrigen ist zweifelhaft, ob die innerhalb der landesrechtlichen Regelungen des Kinderbildungsgesetzes Nordrhein-Westfalen dem grundgesetzlich gebotenen Bestimmtheitsgebot entsprechen. Dies insbesondere daher, da aus der landesrechtlichen Regelung die Rechtsfolge nicht eindeutig erkennbar, und die Regelung insoweit unklar ist.

Trotz der erheblichen verfassungsrechtlichen Bedenken besteht zumindest in Nordrhein-Westfalen ein derartiges Gesetz, wonach die Zuzahlung der Eltern an die Tagespflegeperson ausgeschlossen ist.

Es ist nicht ausgeschlossen, dass die bisher in Nordrhein-Westfalen verwandte Regelung bei entsprechender Durchfechtung an der Prüfung der Verfassungsmäßigkeit schlussendlich scheitert.

Zu empfehlen wäre daher bei drohenden korrespondierenden Regelungen anderer Länder auf Grundlage eines entsprechenden Ablehnungsbescheides weiterhin verwaltungsgerichtliche Rechtswege auszuschöpfen und gegebenenfalls dann die Verfassungsmäßigkeit vor dem zuständigen Verfassungsgericht auszuloten.

Mit diesen Informationen grüßt Sie herzlich

Susanne Rowley

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