Monday, 1. January 2007

Autor: Susanne Rowley

Gründungszuschuss & Arbeitslosenversicherung in der Kindertagespflege

"Um ein Kind groß zu ziehen, bedarf es eines ganzen Dorfes"

 

* afrikanisches Sprichwort

Hallo liebe Tagesmütter, liebe Mütter und Väter, liebe interessierte Leser,  

Ich hoffe sehr, dass Sie sanft und fröhlich ins 2007 hinübergerutscht sind. Den Jahresbeginn nutze ich zumeist, um Sie über Neuerungen in der Tagespflege speziell oder über gesetzliche Veränderungen in der Familienpolitik allgemein bestmöglich zu informieren. Doch zunächst hier noch 2 Briefe von einer Leserin und einem Leser

unserer Info-Briefe zu unserem Dezember-Thema "Familie und Beruf - vereinbar"? Kommentare zu den Briefen sind wie immer mit einem * gekennzeichnet.

"Liebe Frau Rowley, gerne lese ich immer Ihre Info-Briefe, öffnen sie mir doch ein Fenster zum Erleben der rauhen Wirklichkeit beim Thema "Vereinbarkeit von Familie und Beruf". Was mir sowohl in meinen gleichlautenden Info- Veranstaltungen für BerufsrückkehrerInnen als auch in Ihren Briefen immer wieder auffällt: es ist das schlechte Gewissen, das sowohl die "nur Mütter/Väter" als auch die berufstätigen Elternteile gleichermaßen, aber nur jeweils aus anderem Blickwinkel, belastet. Die einen, weil sie ja scheinbar nichts zur "Produktivität" der Gesellschaft beitragen - gemessen in harten Euro, die anderen, weil sie zu Recht das Gefühl haben, es keiner Seite so richtig Recht machen zu können - eben ein "auf mehreren Hochzeiten tanzen". Verschlimmert wird das Ganze noch von unzähligen und ungebetenen Ratschlägen von Menschen, die es doch "gut mit einem meinen". Mein Tipp lautet immer: "hören Sie auf ihr Bauchgefühl" und vor allem, quälen Sie sich nicht durch eine selbst zu hoch gesetzte Messlatte". Wir essen alle nicht vom Fußboden und wenn es zeitlich eng wird, fällt die Großreinigung eben mal aus. Außerdem hat es noch keinem Kind (ab einem gewissen Alter natürlich)  und keinem Partner geschadet, selbst Hand anzulegen und Teilaufgaben zu übernehmen. Wichtig ist vor allem, dass die typisch weibliche Eigenschaft (oft auch anerzogen) immer lieb sein zu wollen, von allen geliebt werden zu wollen nicht in einer Selbstaufgabe und Resignation endet. Denn dies wäre für das Wohlergehen eines Kindes weitaus gefährlicher als mal den Tisch zu decken oder den Müll zu entsorgen. Und noch etwas, dass Ihnen sicher auch nicht neu ist: es geht längst nicht mehr um die pure Selbstverwirklichung der Frau, wenn sie wieder in den Beruf zurück möchte, sondern in den meisten Fällen um den Erwerb des notwendigen Lebensunterhalts. Daher meine Bitte an Sie: machen Sie weiterhin den Frauen und Männern Mut - sowohl Ihren Tagesmüttern und -Vätern als auch den Eltern. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine gesegnete Weihnachtszeit. Herzliche Grüße Birgit Hees Bundesagentur für Arbeit, Agentur für Arbeit Mayen * Der hier folgende Leserbrief geht auf die geplanten Fördergelder für Eltern ein ! Dieses Thema werde ich selbstverständlich noch mal gesondert aufgreifen, sobald mir von behördlicher Seite spruchreife Informationen zukommen. "Liebe Frau Rowley, vielen Dank für den Infobrief. "Familie und Beruf - vereinbar?" klingt wie Musik in meinen Ohren. Nicht, weil es mir zu meiner Zufriedenheit gelungen wäre, das zu vereinbaren, sondern weil es das "große" Thema der Zeit ist. Und eben weil es das ist, haben wir (Tagesmütter und -väter aus Mainz und Umgebung) auch eine Initiative gegründet, um das Thema nach vorne zu bringen. Wir haben als "Tageselternoffensive Mainz" (TOM) eine eigene website (www.tom06.de). Wir wollen bei Dingen, die die Tagespflege betreffen, als Betroffene mitreden, und auf Schwachstellen und offenkundigen Schwachsinn in Gesetz und Ausführung hinweisen. Die Beschlußvorlage, die wohl genauso beschlossen werden wird, sieht ein neues Verfahren zur Bezahlung der Tageseltern vor. Sie werden direkt vom Jugendamt nach einheitlichen Tarifen bezahlt, das dann, je nach Einkommen, Rückgriff bei den Eltern nimmt. Ziel ist eine Angleichung der Zahlungen an die Krippenbeiträge. Dafür wurden im Haushalt 116.000 Euro eingestellt. So schön sich das zuerst anhört, daß die Stadt für die Tagespflege Geld in die Hand nimmt, so unerfreulich sind die Ergebnisse. Der Stundensatz liegt bei 2,80 Euro (bei "Vollqualifizierung" und Pflegeerlaubnis, sonst bei 2,40), dazu kommt ein Sachkostenbeitrag von 3 Euro je Tag und Vollzeitkind (5 Tage à 8 Stunden, darunter anteilig). Wir haben 4 Modelle durchgerechnet und liegen immer unter dem jetzigen Einkommen. Bei einem Modell konnten wir sogar den 1-Euro-Job unterbieten. So müssen wir denn, wenn wir uns zumindest nicht schlechter stellen wollen als zuvor, bei den Eltern nachfordern. Erstes Ergebnis: Es wird alles ungleich komplizierter und verwaltungsmäßig aufwändiger. Nach den Berechnungen war ich zuerst überzeugt, ein Rechenfehler stecke da drin. Als keiner zu finden war, war ich sauer. Und nicht nur ich. Ich habe schon von 2 Tagesmüttern die Rückmeldung, daß sie es dann sein lassen wollen. Was mich vor allem ärgert, ist die auffallende Diskrepanz zwischen den Sonntagsreden und der Praxis. Jeder stimmt zu, daß Tageseltern das Schmiermittel sind, das die unterschiedlichen Forderungen erst unter einen Hut bringt: Daß Menschen, besonders hochqualifizierte, sich wieder auf den Arbeitsmarkt begeben, gleichzeitig sich aber für Kinder entscheiden und die Staatskassen nicht durch Kinderbetreuung ruiniert werden. Das alles gewährleisten Tageseltern, auch zu Zeiten, in denen Erzieher der Kinderbetreuungseinrichtungen längst ihren verdienten Feierabend genießen. Und dann gibt es dafür 'nen Euro, Gängelei durch Behörden gratis dazu, und im Alter die Mindestrente. Mir ist nach so viel weihnachtlicher Vorfreude immer noch ganz warm ums Herz. Die Bescherung hatten wir allerdings schon. Frohes Fest usw. Andreas Gruschkus * 2 weitere gesetzliche Neuerungen: Gründungszuschuss für Existenzgründer + Änderungen in der Arbeitslosenversicherung Neuer Gründungszuschuß für Existenzgründer   Eine sehr interessante Neuigkeit möchte ich Ihnen heute in Sachen "selbständig machen" unterbreiten. Zur Föderung von Existenzgründungen steht seit August 2006 der sogenannte Gründungszuschuss bereit, der künftig die "Ich-AG" und das Überbrückungsgeld ersetzen wird. Die Förderung soll insgesamt über 15 Monate laufen, danach sollen die Gründerinnen und Gründer auf eigenen Füßen stehen. Gefördert werden allerdings nur diejenigen, die tatsächlich arbeitslos sind und einen Restanspruch auf noch mindestens 3 Monate Arbeitslosengeld haben. Grundlage für die Förderung soll ein Tragfähigkeitsgutachten einer fachkundigen Stelle sein. Die Gründer/Innen müssen ausserdem ihre persönliche und fachliche Eignung darlegen. Wenn diese nicht ausreichend vorhanden sind und Zweifel an Kennissen oder Fähigkeiten bestehen, so kann die Arbeitsagentur die Teilnahme an Maßnahmen zur Eignungsfeststellung oder zur Vorbereitung von Existenzgründungen verlangen. Es werden Gründungen gefördert, die den Haupterwerb darstellen sollen. Eine solche Tätigkeit liegt vor, wenn sie in zeitlich höherem Umfang ausgeübt wird als die Summe aller möglichen Nebentätigkeiten. In der ersten Phase erhält man 9 Monate lang einen Zuschuss in Höhe des zuletzt bezogenen Arbeitslosengeldes und zusätzlich zur sozialen Absicherung eine Pauschale in Höhe von 300 €. In der zweiten Förderphase kann für die Dauer von weiteren 6 Monaten die Pauschale in Höhe von 300 € für die soziale Absicherung gezahlt werden, wenn eine intensive Geschäftstätigkeit und hauptberufliche unternehmerische Aktivität dargelegt wird. Im Gegensatz zur Ich-AG begründet der neue Gründungszuschuss keine besondere Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung. Es gelten hier die allgmeinen Regelen für Selbständige. In Bezug auf die Krankenversicherung bleibt es bei den bisherigen Konditionen, d.h., die Mindestbemessungsgrundlage liegt beim Bezug des Zuschusses - wie bereits bei der Ich-AG - bei monatlich 1225 €. Der Gründungszuschuss selbst ist steuerfrei ! Weitere Aufkünfte erhalten Sie sicher bei Ihrer zuständigen Arbeitsagentur ! *Ich könnte mir vorstellen, dass diese Information besonders für unsere neuen Stübchen-Anwärterinnen interessant ist. Änderungen Arbeitslosenversicherung / für Tagesmütter   eine weitere Neuigkeit gibt es seit dem Februar 2006. Bisher hatten nur Tagesmütter (Kinderfrauen), die bei den Eltern angestellt waren, nach Ende ihrer Tätigkeit einen Anspruch auf Arbeitslosengeld. Für selbständige Tagesmütter gab es keine Absicherung nach dem Ende der Tätigkeit. Jetzt können sich auch selbständig tätige Tagesmütter freiweillig weiterversichern ! Allerdings müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

  • die Arbeit als Tagesmutter muß 15 Stunden pro Woche mindestens umfassen
  • bevor man einen Antrag stellen kann, muss die Tagesmutter innerhalb der letzten 24 Monate mindestens 12 Monate versicherungspflichtig gewesen sein oder eine Entgeltersatzleistung erhalten haben
  • nach Ende der angestellten Tätigkeit und vor der Aufnahme der Tagespflegetätigkeit darf maximal eine Unterbrechung von 1 Monat liegen
  • Spätestens 1 Monat nach Aufnahme der selbständigen Tätigkeit muss der Antrag gestellt werden. Danach ist eine freiweillige Weiterversicherung leider nicht mehr möglich

Für den Beitrag wird eine Bezugsgröße von 2450 € (West) bzw. 2065 € (Ost) als Einnahmen zu Grunde gelegt. Der tatsächliche Verdienst ist nur relevant, wenn er höher ist. Bei dieser Berechnung ergibt sich ein Beitrag von 39,81 € (West) und 33,56 € (Ost) pro Monat.

Wenn Sie nun Ihre Arbeit als Tagesmutter wieder einstellen, kann die Arbeitslosenversicherung genutzt werden - allerdings muss innerhalb der letzten 2 Jahre vor der Arbeitslosenmeldung mindestens 12 Monate in die Versicherung eingezahlt worden sein. Die Höhe, die Ihnen dann ausgezahlt wird, richtet sich nach dem früheren Entgelt oder nach einem fiktiven Gehalt. Hierzu müssen Sie im Einzelfall mit Ihrem zuständigen Arbeitsamt Rücksprache halten. Natürlich gehen auch pauschalierte Sozialversicherungsbeiträge von der Auszahlung ab - nämlich 21 %. Es wird ein Arbeitslosengeld von 67 % des Netto-Gehaltes bei mindestens 1 Kind gezahlt bzw. 60 % ohne Kind. Der Zeitraum ist von der Länge der Einzahlung und dem Alter der Tagesmutter abhängig. Bei unser 55 -jährigen Tagesmüttern wird zwischen 6 und 12 Monaten, bei über 55-jährigen zwischen 6 und 18 Monaten bezahlt.

*Viele Wenn's und Aber's, die ich Ihnen nicht ersparen kann - aber es lohnt sich, sich zu erkundigen - vielleicht fallen Sie ja darunter.

So nun habe ich Sie im neuen Jahr ausreichend mit Zahlenmaterial "beschossen" und schließe mit guten Wünschen für den Start ins neue Jahr 2007

liebe Grüße

Susanne Rowley

Wigwam 1994
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